Der Begriff Bokeh kommt aus dem Japanischen und bedeutet „Unschärfe“. Er wird verwendet, um das Aussehen der unscharfen Bereiche im Bild zu beschreiben. Bokeh wird ähnlich wie das OK aus dem Englischen ausgesprochen. Der Effekt zeigt sich am deutlichsten bei Fotos mit vielen kleinen hellen Lichtquellen – etwa Strassenlaternen bei Nacht. Aber es geht nicht nur um die kreisförmigen Lichter an sich – es geht speziell um die Qualität dieser unscharfen Bereiche im Bild.
Was ist also Bokeh-Fotografie? Diese unscharfen Bereiche gehören mit zu den attraktivsten Effekten, die wir in unserer Fotografie einsetzen können. Sie lösen eine ablenkende Unordnung im Bild auf, lenken die Aufmerksamkeit auf die wichtigen Teile des Bildes und hüllen die eigentlich unnötigen Details in attraktive Farben und Töne.
GRUNDLAGEN DER FOTOGRAFIE
Kreativ werden mit der Bokeh-Fotografie
Aus diesen Gründen gehört das Bokeh seit langem zu den wirkungsvollsten visuellen Tricks, die man bei anspruchsvollen Aufnahmen einsetzen kann. Heutzutage sind zwar Smartphones mit zwei Objektiven in der Lage, das Bokeh zu imitieren – allerdings nur per Software. Die winzigen Objektive und Sensoren der Smartphones machen es unmöglich, die geringe Schärfentiefe zu erreichen, die man für ein natürlich wirkendes Bokeh benötigt. Dieser optische Effekt entsteht nur mit den lichtstarken Objektiven und den grossen Sensoren spezieller Kameras – das ist die Original-Wirkung, die den Massstab setzt.
Vollformatkameras wie die Canon EOS R8 und die EOS R6 Mark II sind ideal für die Bokeh-Fotografie, aber auch APS-C-Kameras wie Canon EOS R100, EOS R50, EOS R10 und EOS R7 können sehr effektiv sein.
Hier sehen wir uns einige der wichtigsten Techniken, Kamerafähigkeiten und Ausrüstungen an, die man benötigt, um seine Fotos durch die Aufnahme von ansprechendem Bokeh noch eindrucksvoller zu machen.
- Die besten Objektive für das beste Bokeh
- Die richtigen Kamera-Einstellungen für Bokeh
- Die richtige Entfernung
- Die richtige Brennweite
- Vordergrund-Bokeh erzeugen
- Bokeh bei Videoaufnahmen erzeugen
- So gelingen die schönsten Bokeh Lichtpunkte
- Individuelle Bokeh-Formen erzeugen
- Ein Stillleben mit Bokeh aufnehmen
Die besten Objektive für das beste Bokeh
Um ein attraktives Bokeh einzufangen, benötigt man ein „lichtstarkes“ Objektiv mit einer grossen maximalen Blendenöffnung, idealerweise Blende F2.8 oder grösser (kleinere Blendenzahl). Dies ist einer der Hauptgründe, warum man eine lichtstarke Festbrennweite in der Ausrüstungstasche haben sollte – auch dann, wenn diese Brennweite bereits vom im Kit enthaltenen Zoomobjektiv abgedeckt wird.
Lichtstarke Objektive mit einer Brennweite von 50mm oder länger eignen sich im Allgemeinen am besten für die Bokeh-Fotografie, da die Unschärfe des Hintergrunds mit Weitwinkelobjektiven schwieriger zu erreichen ist. Das liegt daran, dass kürzere Brennweiten eine grössere Schärfentiefe bei einem gegebenen Fokusabstand und einer gegebenen Blende erzeugen, so dass ein grösserer Teil des Motivs vom Vordergrund bis zum Hintergrund scharf wiedergegeben wird und weniger Bokeh entsteht.
Zu den besten Objektiven für ein schönes Bokeh gehören das Canon RF 50mm F1.8 STM und das RF 85mm F2 MACRO IS STM. Dennoch solltest du Weitwinkelobjektive nicht von vorn herein ausschliessen. Sowohl das RF 35mm F1.8 MACRO IS STM als auch das RF 24mm F1.8 MACRO IS STM eignen sich wirklich gut für einen Bokeh-Hintergrund bei Nahaufnahmen, da die Schärfentiefe bei kürzeren Entfernungen vom Motiv abnimmt.
Bei extremen Nahaufnahmen sorgt eine sehr kurze Brennweite für eine geringe Schärfentiefe und maximiert damit das Bokeh-Potenzial. Hier kommen die 0,5-fachen Makrofunktionen der Objektive RF 85mm F2 MACRO IS STM, RF 35mm F1.8 MACRO IS STM und RF 24mm F1.8 MACRO IS STM zum Tragen. Das Canon RF 16mm F2.8 STM Objektiv ist dank seines weiten Bildfeldes auch eine gute Wahl, wenn es darum geht, ganz nah an das Hauptmotiv einer Szene heranzukommen und es vor einem unscharfen, aber grossflächigen Hintergrund zu isolieren. Das kann ein weiteres kreatives Element in die Bildkomposition bringen.
Im Allgemeinen ergibt ein Objektiv mit mehr Blendenlamellen ein attraktiveres kreisförmiges Bokeh, da jeder unscharfe Lichtpunkt die Form der Blende spiegelt. Das ist nicht so ein grosses Thema, wenn man mit weit geöffneter Blende fotografiert (kleinste Blendenzahl), weil die Öffnung ohnehin kreisförmig ist – aber das ist nicht immer der Fall. In den technischen Daten auf der Canon Website kannst du herausfinden, wie viele Blendenlamellen dein Objektiv hat. Sieben Lamellen sind grossartig für ein attraktives Bokeh, aber neun sind noch besser. Die beiden oben genannten Makro-Objektive haben neun Blendenlamellen, während die anderen sieben haben.
Mit dem praktischen Canon Objektiv-Finder kannst du dir auf der Grundlage deiner Kamera und des gewünschten Aufnahmegenres Objektivempfehlungen geben lassen.
Die richtigen Kamera-Einstellungen für Bokeh
Die Wahl der Blende hat einen grossen Einfluss auf das Aussehen des Bokehs im Bild. Je grösser die Blendenöffnung (also je kleiner die Blendenzahl), desto geringer ist die Schärfentiefe, was wiederum bedeutet, dass der Hintergrund unschärfer wird. Deshalb sollte im Modus Zeitautomatik (Av) oder im manuellen Modus fotografiert werden und eine grosse Blendenöffnung (niedrige Blendenzahl) gewählt werden.
Im Modus Zeitautomatik (Av) kannst du auch die ISO auf Auto stellen – das ist ein guter Ausgangspunkt, um zu prüfen, ob die Belichtungszeit zur Aufnahmesituation passt. Alternativ wird im manuellen Modus (M) mit Auto-ISO sowohl die Blende als auch die Belichtungszeit eingestellt, und die Kamera ermittelt dann den richtigen ISO-Wert. Der Schlüssel ist, eine grosse Blende und eine Belichtungszeit zu wählen, die kurz genug ist, um sicherzustellen, dass die fokussierten Bereiche des Bildes nicht verwackelt sind, wenn man Aufnahmen aus der freien Hand macht (Empfehlung: 1/200 Sek. und kürzer).
Den Abstand für ein besseres Bokeh anpassen
Wenn man den Abstand zwischen Motiv und Hintergrund vergrössert, verschwimmt der Hintergrund stärker. Ein weiterer Faktor ist der Abstand zwischen dem Motiv und der Kamera. Je näher das Objektiv am Motiv ist, desto geringer ist die Schärfentiefe. Dies bedeutet, dass Hintergrundbereiche schneller unscharf werden. Um mehr vom Bild unscharf zu machen, sollte das Motiv näher zur Kamera und weiter weg vom Hintergrund positioniert sein.
Einstellen der besten Brennweite für bestes Bokeh
Eine längere Brennweite führt zu einer geringeren Schärfentiefe, was wiederum zu einer stärkeren Hintergrundunschärfe führen kann. Das ist der Grund, warum gern Telezooms eingesetzt werden, um ein Motiv zu isolieren und den Hintergrund in eine attraktive Unschärfe zu verwandeln. Das Canon RF-S 18-150mm F3.5-6.3 IS STM Objektiv zum Beispiel kann einen hervorragenden Bokeh-Hintergrund erzeugen, wenn man es am langen Ende des Zoombereichs einsetzt, obwohl die Lichtstärke bei dieser Länge geringer ist. Wenn man also die Unschärfe verstärken und das Bokeh verbessern möchte, geht man ein paar Schritte zurück und zoomt hinein (oder man wechselt das Objektiv) zu einer längeren Brennweite.
So entsteht ein Bokeh im Vordergrund
Wir neigen dazu, das Bokeh in erster Linie zur Hintergrundgestaltung einzusetzen – aber es kann auch im Vordergrund des Bildes eine grossartige Wirkung entfalten. Wenn der Bildausschnitt so gewählt wird, dass unscharfe Details im Vordergrund enthalten sind, wird das Auge auf das scharfe Motiv gelenkt. Das kann bedeuten, dass man mit der Kamera nah an das Laub oder tief auf Bodennähe geht, um den unscharfen Vordergrund zu erfassen. Weiche Details wie diese verstärken den Eindruck von Tiefe in einer Szene und sind eine gute Möglichkeit, kräftige, unscharfe Farben in die Komposition zu bringen.
So macht man attraktives Bokeh im Video
Tiefe im Bild ist auch bei der Videoproduktion wichtig, da sie dem Betrachter hilft, sich im Bild zu orientieren. Das Einbeziehen von unscharfen Details im Vorder- und Hintergrund einer Szene ist eine gute Möglichkeit, das Gefühl von Tiefe zu verstärken und den Blick des Betrachters gezielt zu lenken. Darüber hinaus sehen Bokeh-Highlights in Videos genauso wunderbar aus wie in Fotos, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass sie auch Bewegung zeigen. Autoscheinwerfer, Lichterketten und andere helle Lichtpunkte sehen besonders schön aus, wenn sie zu glitzernden Punkten mit kräftigem Bokeh verschwimmen.
So gelingen die schönsten Bokeh Lichtpunkte
Eine der interessantesten Möglichkeiten, Bokeh bei der Fotografie einzusetzen, besteht darin, kleine, helle Lichtpunkte vor einem ansonsten dunklen Hintergrund oder bei schwachem Licht aufzunehmen. Es ist ein faszinierender Effekt für alle möglichen Situationen: Sonne, die durch einen Baum scheint, eine belebte Strasse nach Einbruch der Dunkelheit, ein buntes Karussell oder Kerzen auf einer Torte. Wenn man den Effekt selbst ausprobieren möchte, ist eine Lichterkette ein guter Start. Sie kann einfach im Hintergrund der Aufnahme oder im Vordergrund positioniert werden – oder beides gleichzeitig. Die einzelnen Lichter verwandeln sich in attraktive Bokeh-Kreise.
So macht man seine eigene Bokeh-Form
Wenn man mit maximal geöffneter Blende (kleinste Blendenzahl) fotografiert, entstehen besonders attraktive runde Bokeh Lichtpunkte in den Bildern, da die Öffnung im Objektiv rund ist. Ansonsten wird die Form der Bokeh Lichtpunkte durch die Anzahl der Blendenlamellen im Objektiv bestimmt: Je mehr Lamellen, desto kreisförmiger bleibt die Blendenöffnung und erzeugt damit unter allen Lichtbedingungen ein kreisförmiges Bokeh. Im Idealfall sind die Bokeh Lichtpunkte kreisförmig. Wenn man sehen möchte, welche Form der Bokeh Lichtpunkt bei einem bestimmten Objektiv hat, hält man einfach das Objektiv mit einem voreingestellten mittleren Blendenwert gegen das Licht und schaut hindurch.
Aber warum nicht kreativ werden und die Form des Bokehs verändern? Hierfür wird eine Schablone mit einer beliebigen Form ausgeschnitten und vorn am Objektiv befestigt. In diesem Video verwandelt ein einfaches Stück Karton das Bokeh in eine Vielzahl von bunten Sternen und Schneeflocken.
Gleich ausprobieren: das Stillleben mit Bokeh
Wir haben gesehen, dass unscharfe Lichtpunkte ein attraktives Bokeh erzeugen, wenn man mit geeigneten Einstellungen fotografiert. Hier ist ein einfacher Aufbau, den man zu Hause ausprobieren kann, um ein Stillleben mit Bokeh zu machen. Ein Objekt wird auf eine spiegelnde Oberfläche gelegt, dann wird ein leicht zerknittertes Blatt Folie im Hintergrund positioniert (nur ganz leicht knittern – ein paar Knitter sollten genügen, damit es das Licht streut, anstatt es nur zu reflektieren). Dann eine Lampe auf die Folie richten und mit einer zweiten Lampe das Motiv beleuchten (wir haben ein LED-Panel verwendet, aber auch eine einfache Lampe ist geeignet). Die Kamera sollte nahe am Motiv sein. Den Modus Zeitautomatik (Av) und eine grosse Blende wählen – z.B. F1.8 – und aus einer niedrigen Perspektive fotografieren, um das wunderbare unscharfe Bokeh einzufangen.
Verfasser: James Paterson und Matthew Richards