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Geschäftsführung: 8 Tipps für Fotografen
Erfolgreiche Bildersteller müssen nicht nur tolle Fotos und Videos aufnehmen, sondern auch gut organisiert sein. Hier findest du unsere 8 Top-Tipps für die Geschäftsführung.
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Die Fotografie kann sehr stressig sein und sogar Angstzustände auslösen. Ganz gleich, ob du als Fotojournalist, Werbe-, Hochzeits- oder Sportfotograf arbeitest – du stehst unter dem ständigen Druck, innerhalb der vorgegebenen Frist herausragende Bilder abzuliefern. Arbeitszeiten bis spät in die Nacht, monatelange Reisen (oftmals ganz alleine) und aufwühlende Themen können Fotografen auf lange Sicht regelrecht auslaugen. Hinzu kommt die mangelnde finanzielle Stabilität, die mit der freiberuflichen Arbeit einhergeht und mit der viele Freiberufler vor allem während der Corona-Krise zu kämpfen hatten. Es ist daher nicht überraschend, dass freiberufliche Fotografen besonders anfällig für Burnouts sind.
„Wenn ich mich nicht um meine psychische Gesundheit kümmere, kann ich meinen Job nicht effektiv erledigen“, so Anastasia Taylor-Lind, eine in London lebende Fotojournalistin, die bereits zahlreiche Konflikte auf der ganzen Welt für internationale Medienagenturen und Nichtregierungsorganisationen dokumentiert hat. „Ohne Selbstbewusstsein bzw. ein gewisses Mass von emotionaler und mentaler Ausgeglichenheit kann man die Geschichten anderer Menschen einfach nicht verarbeiten und wiedergeben.“
Im Rahmen des Canon Podcasts „Shutter Stories“ nahmen Gastgeberin Lucy Hedges und die Fotografinnen Anastasia Taylor-Lind und Tasneem Alsultan (eine in Saudi-Arabien lebende Dokumentarfotografin, die sich auf Berichte über Menschenrechte und soziale Probleme für die New York Times und National Geographic spezialisiert hat) den internationalen Tag für psychische Gesundheit zum Anlass für ein Gespräch über Stress und Angstzustände. Hier erzählen sie von ihren Erfahrungen, verraten, mit welchen Bewältigungsstrategien sie einem Burnout entgegenwirken, und sprechen über ihre Hoffnungen auf eine mitfühlendere Branche für Bildschaffende.
Das gesamte Gespräch findest du in dieser Episode des Canon Podcasts „Shutter Stories“:
Schon in guten Zeiten ist die Fotografie eine harte Branche, doch die Corona-Pandemie hat die Lage mit ihren finanziellen und emotionalen Herausforderungen weiter verschlimmert. Wie waren die letzten Monate für euch?
„Ich bin nicht gut mit der Situation klargekommen“, gibt Alsultan zu. „Insbesondere in der Anfangszeit, als man noch so wenig darüber wusste. Ich habe mich körperlich ausgelaugt gefühlt und war so erschöpft, dass ich schon befürchtete, mir das Virus eingefangen zu haben. Ein Test zeigte jedoch, dass mit mir alles in Ordnung war. Ich glaube, dass unser körperliches Wohlbefinden eng mit unserer Psyche zusammenhängt.“
„Bei uns in Saudi-Arabien herrschte ein strenger Lockdown, alle Städte waren von den jeweiligen Nachbarorten abgeriegelt. Ich lebe an der Grenze von Saudi-Arabien in der östlichen Provinz, in der während des Golfkriegs die US-Streitkräfte stationiert waren. Es war für mich eine grosse emotionale Belastung, diese Phase meiner Kindheit [in der die Bewegungsfreiheit ähnlich eingeschränkt war] erneut zu durchleben. Ich fand einen Weg, meine Heimatstadt zu verlassen, und ging zusammen mit einer meiner Töchter in die Hauptstadt Riad, da ich hoffte, dort mehr Arbeit finden zu können. Das hat jedoch nicht geklappt. Zudem sass ich so plötzlich mit nur einer meiner Töchter in einer Stadt fest, die mir im Grunde fremd ist.“
„Um damit klarzukommen, habe ich begonnen, mich mit anderen Dingen als der Fotografie zu beschäftigen“, fährt Alsultan fort. „Ich hing so sehr an meiner Kamera, dass ich mich regelrecht unvollständig fühlte, wenn ich sie nicht in den Händen hielt. Also habe ich begonnen, Bücher über Meditation zu lesen, zu lernen, wie ich ruhiger werden kann und mir meiner Umgebung bewusster werde, und engen Kontakt zu meiner Familie gesucht. Ausserdem habe ich in den ersten drei Monaten auf Instagram täglich Live-Interviews durchgeführt. Das hat mir einen Grund gegeben, morgens aufzustehen und mich um die Organisation zu kümmern.“
Taylor-Lind machte ähnliche Erfahrungen. „Als die Pandemie losging, wurden alle meine Aufträge für die kommenden Monate entweder verschoben oder ganz gestrichen“, erzählt sie. „Ich stand vor der wirklich schwierigen Frage: Wenn ich keine Fotografin mehr bin, was bin ich dann?“
Natürlich geht es bei der fotografischen Tätigkeit nicht nur darum, loszuziehen und Bilder aufzunehmen. Wir haben auch viele weitere Aufgaben. Denen habe ich mich zunächst auch gewidmet. Ich habe meine Steuererklärung gemacht, meine Website aktualisiert und mich mit Verwaltungstätigkeiten abgelenkt. Ausserdem habe ich versucht, Freude an den kleinen Dingen zu finden. Beispielsweise reite ich, kümmere mich um den jungen Hund meines Bruders, mache lange Spaziergänge oder Yoga und versuche, einfach im Hier und Jetzt zu leben.“
„Ich behandle jeden Auftrag so, als wäre es mein letzter bezahlter Job, denn man weiss ja nie“, sagt Taylor-Lind. „Wenn man nahtlos zwischen persönlichen Projekten und Aufträgen hin- und herwechselt und sich nie sicher sein kann, wann der nächste Auftrag reinkommt, fühlt man sich genötigt, jeden einzelnen Job annehmen zu müssen. Man gewöhnt sich also daran, unter deutlich adrenalingeladeneren und anstrengenderen Umständen zu arbeiten.“
„Ich bemühe mich in letzter Zeit, achtsamer zu sein“, sagt Alsultan, „und über meine früheren Arbeiten nachzudenken. Früher habe ich mich immer von einem Auftrag in den nächsten oder von einem Projekt in das nächste gestürzt. Mir ist bewusst geworden, dass man ruhig zugeben kann, wenn man Angst hat oder sich Sorgen macht. Selbst wenn man nicht in einem Krisengebiet ist, ist es vollkommen in Ordnung, auch mal überfordert zu sein oder zusammenzubrechen. Je öfter ich mit meinen Freunden über diese Gefühle sprach, desto mehr wurde mir klar, dass wir alle im gleichen Boot sitzen.“
„Ich bin optimistisch und glaube, dass sich die Branche langsam, aber sicher verändert“, so Taylor-Lind. „Dennoch hält sich in unserer Branche hartnäckig der Mythos des Fotografen, besonders des Kriegsfotografen, als tragischer Held. Wir bewundern Menschen, die Risiken eingehen, und haben diese irrige Vorstellung, dass wir als Künstler für unsere Kunst leiden müssen. Doch nach und nach rückt die Branche von diesen traditionellen Vorstellungen ab und wird vielfältiger und offener. Je öfter ich sage, dass ich mit bestimmten Dingen Probleme habe, desto öfter melden sich andere, denen es genauso geht.“
„2017 habe ich über die Rohingya-Krise in Bangladesch berichtet. Ich wurde von Human Rights Watch beauftragt, die Geschichten von Überlebenden des Massakers in den Flüchtlingslagern zu dokumentieren“, fügt Taylor-Lind hinzu. „Als ich zurückkehrte, bot man mir zum ersten Mal in meiner gesamten Karriere an, mit einem Psychologen über meine Erlebnisse zu sprechen. Das hat mir vor Augen geführt, dass ich mich um mein eigenes Wohlbefinden kümmern muss – nicht nur als Person, sondern auch als Fotografin. Das ist nicht nur für mein Privatleben wichtig, sondern auch für meinen Beruf.“
„Mach dir bewusst, dass du nicht alleine bist“, sagt Alsultan. „Es ist vollkommen in Ordnung, um Hilfe zu bitten und anderen zu zeigen, dass man verletzlich ist. Tatsächlich reagieren viele Leute positiv darauf und wenden sich selbst an dich. Wir dürfen ruhig vom traditionellen Weg abweichen, wenn dieser einfach nicht richtig ist. Wir können lernen und uns verbessern. Besonders in diesen Zeiten ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass wir uns unserer eigenen Schwächen bewusst sind.“
„Treibe Sport“, sagt Taylor-Lind. „Nutze deinen Körper, um deinen Geist zu heilen, zu beruhigen und zu unterstützen. Dabei ist es ganz egal, ob du laufen gehst, lange Spaziergänge machst oder dich für irgendeinen anderen Sport entscheidest. Wichtig ist nur, dass die Aktivität dich körperlich und nicht geistig fordert, um einen Ausgleich zur fotografischen Tätigkeit zu schaffen, bei der man viel grübeln und sich Dinge vorstellen muss.“
„Ich hätte besser noch früher einen Psychologen aufgesucht“, sagt Alsultan. „In meiner Kultur ist es verpönt, offen zuzugeben, dass man unter emotionalen Problemen leidet. Die Leute schämen sich dafür.“
„Ich würde mir wünschen“, so Taylor-Lind, „dass man junge Fotografen nicht einfach ihrem Schicksal überlässt, sondern in einer mitfühlenderen, freundlicheren Fotografie-Community auffängt. So müssen wir die riskanten und schädlichen Verhaltensweisen, mit denen frühere Generationen versucht haben, Stress oder Traumata zu überwinden, in dieser Generation nicht wiederholen.“
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