„As frozen Land Burns“ fotografiert von Nanna Heitmann.

DIE AUSSTELLUNG „WORLD UNSEEN“

„AS FROZEN LAND BURNS“ VON NANNA HEITMANN

Die Reise einer Fotografin an den weltweit kältesten Ort, an dem Menschen leben und der von Waldbränden heimgesucht wird.

Jeder sollte die Möglichkeit haben, die Kraft eindrucksvoller Fotografie zu erleben – auch und vor allem Menschen, die nicht sehen können oder nur über ein eingeschränktes Sehvermögen verfügen. Hier sehen Sie Nanna Heitmanns Bild der arktischen Waldbrände. Nachfolgend können Sie die Bildbeschreibung anhören oder lesen.

Hören Sie sich an, wie Nanna Heitmann ihr Bild beschreibt.

„As frozen Land Burns“ fotografiert von Nanna Heitmann.

Im Vordergrund dieses Bildes sieht man den brennenden, dunklen Stamm eines Baumes. Auf dem rauchenden Rasen schlagen Flammen aus dem Stamm. Das Feuer scheint auf halber Höhe des Baumes zu erlischen und der verkohlten Rinde zu weichen. Ein Stück höher, in der Mitte des Stammes, sieht man ein weiteres Feuer.

Die Hauptlichtquellen sind die beiden Flammen auf dem Baumstamm. In der Abenddämmerung wird die Kraft des Feuers deutlich: unerbittlich schlängelt es sich durch die Bäume und zerstört sie aus dem Inneren heraus. Im Hintergrund verläuft eine Rasenfläche als diagonale Linie von links nach rechts oben. Sie wirkt wie ein Graben, der das Feuer isolieren und eindämmen soll.

Die Bevölkerung von Kürelyakh bekämpft diese Brände mit blossen Händen, Schaufeln und kleinen Wassersäcken.“

VERSCHIEBEN SIE DIE LINIE, UM DAS BILD MIT DER SIMULATION EINER RETINITIS PIGMENTOSA (NETZHAUT-ERKRANKUNG) ZU SEHEN.

ORIGINAL

Das Bild ist aus meiner Serie „As Frozen Land Burns“. Im Jahr 2021 war ich mehrere Wochen lang an einem umfassenden Projekt zur Beobachtung vom Tauen des Permafrostbodens und den Waldbränden in Sacha (auch bekannt als Jakutsk) im östlichsten Teil Russlands beteiligt. In jenem Jahr kam es in der Region zu verheerenden Waldbränden, starker Rauchentwicklung und dem Schmelzen des lebenswichtigen Permafrosts.

Sacha erstreckt sich über mehr als drei Millionen Quadratkilometer im äussersten Nordosten des Landes. 40 % der Region liegen innerhalb des Polarkreises. Es ist einer der kältesten bewohnten Orte der Erde.

Im Winter sinken die Temperaturen auf -60°C, während sie im Sommer auf +40°C ansteigen. Die Bewohner ertragen diese kältesten Winter ausserhalb der Antarktis ohne grosse Beschwerden. In den letzten Jahren haben die Sommertemperaturen in der russischen Arktis fast die 40°-Celsius-Marke erreicht. Das hat enorme Waldbrände verursacht, die den einst permanent gefrorenen Boden auftauen.

Das „Arctic Monitoring and Assessment Programme“ (Programm zur Beobachtung und Beurteilung der Arktis) berichtet, dass sich die Arktis dreimal schneller erwärmt als der globale Durchschnitt. Brände sind normalerweise ein natürlicher Bestandteil des Ökosystems. In Sacha führte jedoch ein milder Frühling, gefolgt von einem extrem heissen und trockenen Sommer, zu einer rekordverdächtigen Brandsaison.

Nach Angaben von Greenpeace wurden in diesem Jahr mehr als 18,16 Millionen Hektar durch Brände verwüstet – ein Rekord seit Beginn der Satellitenüberwachung. Das Ausmass der Brände war umfangreicher als die Brände in Griechenland, der Türkei, Italien, den USA und Kanada zusammen. Satellitenbilder der NASA zeigten, dass der Rauch der Waldbrände mehr als 3.000 Kilometer bis zum Nordpol vorgedrungen ist.

Hinter der Aufnahme.
Nanna Heitmann nahm dieses atemberaubende Foto während eines Einsatzes in Sacha (Russland) mit einer Canon EOS R und einem Canon EF 35mm f/2 IS USM Objektiv auf.

Die Feuerwehrleute erklärten gegenüber der Agence-France-Presse, dass ihnen das Personal und die Ausrüstung fehlen, um derartige Brände zu bekämpfen.

Neben Waldbränden gibt es Anzeichen dafür, dass die höheren Durchschnittstemperaturen zu einem Abbau des Permafrosts führen. Böden und Felsen werden durch das Eis zusammengehalten und enthalten grosse Mengen an organischem Kohlenstoff aus gefrorenem Pflanzenmaterial.

Taut der Permafrostboden nun, verrottet dieses Material und setzt dabei Kohlendioxid und Methan frei, was ein noch schädlicheres Treibhausgas sein kann. Umweltschützer:innen befürchten, dass die Brände den sibirischen Permafrost und die Torfmoore weiter auftauen und damit mehr Kohlendioxid aus der einst gefrorenen Tundra freisetzen werden.

Am 5. Juli näherten wir uns Kürelyakh. Wir hatten Berichte über schwere Brände erhalten, die das Dorf bedrohten. Es liegt weit abgelegen auf dem Permafrostboden inmitten der dichten Taiga.

Wir konnten sehen, wie dicke Rauchschwaden aus dem Wald aufstiegen, und folgten einem Konvoi örtlicher Freiwilliger, die mit alten Geländewagen und Motorrädern auf die Flammen zufuhren.

Die Bevölkerung von Kürelyakh bekämpft diese Brände mit blossen Händen, Schaufeln und kleinen Wassersäcken.

Sie nutzen den Wald zur Holzgewinnung, zur Jagd und zum Sammeln von Beeren und Pilzen. Darum verbringen sie den ganzen Sommer in der Taiga und bekämpfen die Brände.

Dieses Projekt widersprach meiner Vorstellung davon, wie die Bekämpfung von Waldbränden aussieht. In Sacha gibt es keine dramatischen Szenen mit riesigen Flammen, die mit Wasser gelöscht werden. Es passiert meist in der Nacht, wenn „das Feuer schläft“, wie die Einheimischen sagen. In der Dunkelheit ist die intensive Hitze der Sonne verschwunden und die Luftfeuchtigkeit hat zugenommen. Die Feuerwehrleute haben so eine bessere Chance, den Rauch zu vertreiben, um ausreichend Sicht zu haben, damit sie das Feuer lokalisieren und kontrollieren können.

Dann heben die Einheimischen Gräben um die Brände herum aus, um deren Ausbreitung zu verhindern. Aber die Region liegt so weit im Norden, dass die Tage extrem lang sind. In der Mittsommernacht geht die Sonne sogar praktisch gar nicht unter.

2021 war das dritte Jahr in Folge, in dem die Bevölkerung von Nordostsibirien von den schlimmsten Waldbränden seit Menschengedenken heimgesucht wurde. Viele Menschen fühlen sich hilflos, wütend und allein.

Das ist kein Kreislauf“, sagt einer der Männer. „Das ist das Ende der Welt. Die Menschheit wird aussterben und das Zeitalter der Dinosaurier wird kommen.“

Denken wir an Waldbrände, denken wir vielleicht an die Mittelmeerländer, die USA oder Australien. Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie auch am kältesten Ort der Welt wüten und die Gegend in einem alarmierenden Tempo erwärmen.

Ich hoffe sehr, dass dieses Foto, das ich mit meiner Canon EOS R und dem Canon EF 35mm f/2 IS USM Objektiv aufgenommen habe, mehr Aufmerksamkeit für diese fatale Situation generiert. Für die Menschen und den Permafrost.

Treibhausgase und sogar Krankheitserreger wurden im gefrorenen Boden über Millionen von Jahren gebunden. Wenn der Permafrost auftaut, wird all das in die Atmosphäre freigesetzt. Wir müssen tun, was wir nur können, um das zu verhindern.

Für mich persönlich symbolisiert dieses Bild die Zerbrechlichkeit der Natur: Während die unauffälligen Flammen den Baum von innen heraus zerstören, schreitet der Klimawandel leise voran.

Das Bild spiegelt aber auch die Schönheit der Natur und das Feuer als natürliches Element wider, das gleichwohl bezaubernd wie zerstörerisch ist.

Ich war mit dem Journalisten Anton Troianovski in Sacha, der die begleitende Geschichte für die New York Times geschrieben hat.

Ein Mann, der sich freiwillig zur Brandbekämpfung gemeldet hat, erklärte uns: „Jeder Sieg über die Verwüstungen durch den Klimawandel ist nur vorübergehend.“

„Das ist kein Kreislauf“, sagt er. „Das ist das Ende dieser Welt. Die Menschheit wird aussterben und das Zeitalter der Dinosaurier wird kommen.“

Es liegt an uns allen, ihm das Gegenteil zu beweisen.

Erfahren Sie mehr über Canon-Ambassador Nanna Heitmann.

DRUCK DER „WORLD UNSEEN“.
Um die haptische Erfahrung zu ermöglichen, haben wir die Braille-Beschriftung und die faszinierenden Bilder mit der Canon PRISMAelevate XL-Software und einem Drucksystem der Arizona-Serie als Relief gedruckt.

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