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„Das besondere Band zwischen Frauen“ – Georgina Goodwin über die Macht von Fotografinnen

A woman sleeps on a narrow bench in a wooden hut in the all-female Umoja village in northern Kenya.
Da sie eine Frau ist, erhält die kenianische Fotografin Georgina Goodwin Zugang zu Orten, an denen ihre männlichen Kollegen nicht willkommen sind, wie dem nur von Frauen bewohnten Dorf Umoja im Norden Kenias. Es wurde 1990 von Rebecca Lolosoli als Zufluchtsort für obdachlose Überlebende von Gewalt gegen Frauen gegründet. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 5D Mark IV) mit einem Canon EF 24mm f/2.8 Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 24mm f/2.8 IS USM), Verschlusszeit 1/40 Sek., Blende 1:5 und ISO 200. © Georgina Goodwin

Beim Fotografieren der Unruhen in ihrem Heimatland Kenia, die mit Aufständen nach der Wahl im Jahr 2007 begannen, hat die Dokumentarfotografin und ehemalige Canon Botschafterin Georgina Goodwin gelernt, Anzeichen von Gefahr zu erkennen. „Wenn ich eine Gruppe betrunkener junger Männer sehe, schütze ich mich selbst, indem ich Abstand zu ihnen halte“, erklärt sie. „Manchmal beobachte ich, wie sich etwas Interessantes entwickelt, kann aber meine Kamera nicht hervorholen. Stattdessen lasse ich die Gelegenheit verstreichen und gehe weiter. Wenn man Aufmerksamkeit auf sich zieht, wird das, was man sieht, unecht und führt zu unauthentischem Fotojournalismus. Es macht es unmöglich, die Geschichte richtig zu erzählen.“

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Frauen sind im Fotojournalismus weiterhin unterrepräsentiert. Erfahrungen, wie Goodwin sie schildert, können zumindest teilweise erklären, warum das so ist. Es kommt jedoch auch vor, dass ihr Geschlecht ihr bei der Arbeit als Fotografin einen Vorteil verschafft. Goodwin hat bereits für UNICEF, das World Food Program und Greenpeace sowie Nachrichtenagenturen wie Agence France-Presse fotografiert. Ein männlicher Fotograf hätte möglicherweise Schwierigkeiten gehabt, Zugang zu einigen der Umgebungen zu erhalten, in denen man sie willkommen hiess. Dazu gehören Orte wie die Gebärmutterhalskrebs-Station im Kenyatta National Hospital von Nairobi und dem Gynocare Women's and Fistula Hospital im Rift Valley in Kenia, ganz zu schweigen von Umoja, einem nur von Frauen bewohnten Dorf in der Nähe der Stadt Archers Post im Samburu County, Kenia, das auch das „Dorf, aus dem Männer verbannt sind“ genannt wird.

„Ein Mann müsste viel mehr Vertrauen aufbauen, um dort Zugang zu erhalten“, erklärt sie. „Natürlich gibt es in der Branche viele sanfte, liebevolle Männer, aber es gibt ein besonderes Band zwischen Frauen. Das kann ich oft beobachten. Afrikanische Frauen erkennen Bescheidenheit und ruhige Kraft untereinander und suchen auch in mir danach.“

A woman looks at her mobile phone while sitting in a waiting room at a cancer hospital.
Für den Grossteil ihrer Arbeit verwendet Goodwin drei Objektive, und das meist in derselben Reihenfolge. Das vielseitige Canon EF 24-105mm f/4L IS USM Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 24-105mm f/4L IS II USM) verwendet sie, um ihre Geschichte zu erzählen. Hier fing sie damit den Wartebereich und Korridor des Faraja Cancer Center in Nairobi ein. Damaris, 42, sendet gerade eine Nachricht an ihre Tochter, während sie auf ihre Bestrahlungstherapie wartet. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III bei 24 mm, Verschlusszeit 1/13 Sek., Blende 1:5,6 und ISO 2500. © Georgina Goodwin
Laura Morton and Catalina Martin-Chico look on as Ilvy Njiokiktjien speaks at a panel on stage at the Visa pour l'Image festival.

Was hält Frauen vom Fotojournalismus fern?

Beim Festival für Fotojournalismus Visa pour l'Image diskutieren drei Gewinnerinnen des Canon Female Photojournalist Award über die Hindernisse, denen Frauen begegnen.

Während es für Goodwin oft von Vorteil ist, eine Frau in einer von Männern dominierten Branche zu sein, gilt das nicht für alle Fotografinnen. Aus diesem Grund wurde 2017 die Organisation Women Photograph gegründet, der auch Goodwin angehört. Diese globale Gruppe visueller Journalistinnen hat sich zum Ziel gesetzt, die Aufmerksamkeit für weibliche Dokumentarfotografinnen zu erhöhen. Der Organisation gehören fast 1.000 Personen in mehr als 100 Ländern an. Sie möchte „dafür sorgen, dass die tonangebenden Geschichtenerzähler so vielfältig sind wie die Gesellschaften, über die sie berichten“.

Women Photograph analysiert jeden Tag die Verfasserzeilen der Fotos auf den Titelseiten globaler Nachrichtenagenturen und veröffentlicht per Twitter eine prozentuale Aufgliederung der von Frauen aufgenommenen Bilder. In der letzten Januarwoche 2020 hatten zum Beispiel 47 % der Bilder, die im Sydney Morning Herald zu sehen waren, eine Frau in der Verfasserzeile. Bei Associated Press waren es am anderen Ende des Skala 0 %. Dazwischen tummeln sich Unternehmen wie The Guardian und BBC mit 20 % bzw. 30 %.

A young woman sits on a bench holding her newborn baby at a clinic in Bujumbura, Burundi.
Für intimere Aufnahmen, wie dieses Bild von Claudine Nshimirimana (21) mit ihrem zweiten Kind in einer Klinik der Association Burundaise pour le Bien-Etre Familial (ABUBEF) in Bujumbura, Burundi, verwendet Goodwin ein Canon EF 40mm f/2.8 STM Objektiv. Die Klinik bietet Beratung in Bezug auf sexuelle Gesundheit, Familienplanung und ein Leben mit HIV und AIDS. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS, Verschlusszeit 1/320 Sek., Blende 1:3,2 und ISO 2000. © Georgina Goodwin/IPPF

Sicherheit steht an erster Stelle

Hat Goodwin je das Gefühl, dass sie wegen ihres Geschlechts bei Aufträgen übergangen wird? Die Antwort lautet „Ja“ – aber nicht aus den Gründen, die man sich vorstellen mag. „Es hat lange gedauert, bis ich einen Auftrag in Somalia bekam“, sagt sie. „Bei gefährlichen Orten sind die Redakteure definitiv sehr zurückhaltend. In vielen Fällen liegt das daran, dass ihnen ihre Journalisten wirklich am Herzen liegen und sie nicht möchten, dass ihnen etwas zustösst.“

Fotografen, die ständig auf der Hut sein und gleichzeitig Fotos liefern müssen, die eine Geschichte erzählen, müssen eins mit ihrer Ausrüstung sein. Das betrachtet Goodwin als eine ihrer grossen Stärken. Man trifft sie nie ohne ihre Canon EOS 5D Mark III an, und sie geht bei ihrer Arbeit methodisch vor. Oftmals verwendet sie ihre drei Hauptobjektive in derselben Reihenfolge.

A young woman in a hospital bed is comforted by an anaesthetist.
Goodwin fotografiert häufig Frauen in ihrem verletzlichsten Moment und muss daher sicherstellen, dass sie zuvor ihr Vertrauen gewinnt. Im Gynocare Women's and Fistula Hospital im Rift Valley von Kenia spricht Anästhesist Mark der 25 Jahre alten Phillis während ihrer Korrektur-OP Mut zu. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 16-35mm f/2.8L USM Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 16-35mm f/2.8L III US bei 29 mm, Verschlusszeit 1/30 Sek., Blende 1:4 und ISO 3200. © Georgina Goodwin/Fistula Foundation

„Das Canon EF 24-105mm f/4L IS II USM Objektiv ist mein Arbeitspferd“, erklärt sie. „Es bietet mir die Freiheit, in 30 Sekunden mit weiter, mittlerer und naher Einstellung zu fotografieren, damit ich sicher sein kann, dass ich nichts verpasse.“

Sobald sie mit dem Rahmen der Geschichte zufrieden ist, wechselt sie zum Canon EF 70-200mm f/2.8L IS II USM Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 70-200mm f/2.8L IS III USM), um Porträts und Szenen einzufangen, die eine komprimierte Perspektive erfordern. Erst dann greift sie zu dem Objektiv, das für sie der Star der Show ist: das Canon EF 40mm f/2.8 STM.

„Es ist wirklich scharf und hat eine schöne Feldtiefe“, betont sie. „So kann ich eine intime Verbindung zu meinen Motiven schaffen, ohne sie mit der Ausrüstung einzuschüchtern. Ich hole es erst heraus, wenn ich alle anderen Aufnahmen im Kasten habe. Dann kann ich damit richtig in die Situation eintauchen und kreativ werden.“

Rows of houses in the Mahama Refugee Camp in Rwanda.
Im Flüchtlingslager Mahama in Kirehe, Ruanda, leben rund 54.000 Flüchtlinge, die nach den Gewaltausbrüchen 2015 aus Burundi geflohen sind. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 70-200mm f/2.8L IS USM Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 70-200mm f/2.8L IS III USM bei 200 mm, Verschlusszeit 1/200 Sek., Blende 1:9 und ISO 200. © UNHCR/Georgina Goodwin

Es ist ihr wichtig, dass sie bei der Arbeit in sensiblen Situationen nie die Tatsache verbirgt, dass sie eine Fotografin ist. „Wenn ich die Station für Gebärmutterhalskrebs besuche, ist meine Kamera immer sichtbar“, sagt sie. „Ich stehe im Türrahmen, stelle mich in Swahili vor und erkläre, warum ich da bin.“

Sie achtet darauf, dass sie jede Frau einzeln kennenlernt. Manchmal teilen sich zwei oder drei Patientinnen ein Bett, aber sie verbringt mit jeder von ihnen Zeit, bevor sie mit dem Fotografieren beginnt. Ein solcher Ansatz bedeutet fast immer, dass ihr Bilder entgehen, aber damit hat sich Goodwin abgefunden. „Oft sehe ich, wie sich etwas Interessantes entwickelt, kann es aber nicht fotografieren. Mit ist aber wichtiger, zuerst das Vertrauen der Frauen zu gewinnen, da sie dann so weitermachen können wie bisher. Dann kann ich so lange bei ihnen bleiben, wie ich möchte.“

A young girl in a red dress sits on the floor next to a boy sleeping in a bed covered with a mosquito net.
Malaria ist in Kenia nach wie vor ein grosses sozioökonomisches Problem der öffentlichen Gesundheit. Im Dorf Milalani an der Südküste Kenias wird mit Moskitonetzen versucht, die Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 16-35mm f/2.8L USM Objektiv bei 16 mm, Verschlusszeit 1/400 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 2500. © Georgina Goodwin/TanaNetting

Trotz der vielen positiven Erfahrungen im Laufe ihrer 13-jährigen Karriere ist sich Goodwin bewusst, dass es immer noch Raum für Verbesserungen gibt. Ihr ist klar, dass sie in einer kleinen Nische der Branche arbeitet, konnte aber dennoch eine Zunahme der Anzahl an Frauen beobachten, die für Fotoarbeiten gebucht werden. Dies ist nicht zuletzt den Bemühungen von Women Photograph zu verdanken. Aber es ist alles andere als einfach. „Natürlich gibt es Jobs, die einem körperlich und emotional weniger abverlangen“, sagt sie lachend. „Zudem muss man viel Zeit hineinstecken, um überhaupt bemerkt zu werden. Ob männlich oder weiblich, schwarz oder weiss – es ist anstrengend [zu versuchen], relevant zu bleiben.“

Verfasst von Ailsa McWhinnie


Georgina Goodwins Ausrüstung

Die Ausrüstung, die Profis für ihre Fotos verwenden

Georgina Goodwin's kitbag containing Canon cameras and lenses.

Kamera

Canon EOS 5D Mark IV

Der Nachfolger der Canon EOS 5D Mark III, den Goodwin bevorzugt. Dieser bewährte Allrounder zeichnet sich durch eine hervorragende Konstruktion aus und wurde für professionelle Leistung in jeder Situation entwickelt. Erwecken Sie den 4K-Filmemacher in sich und ergänzen Sie Ihr kreatives Portfolio mit 4K EOS Movie.

Objektive

Canon EF 24-105mm f/4L IS II USM

Ein Standard-Zoomobjektiv, das bei Foto- und Videoaufnahmen den entscheidenden Unterschied macht. „„Es ist mein Arbeitspferd... Es bietet mir die Freiheit, in 30 Sekunden mit weiter, mittlerer und naher Einstellung zu fotografieren, damit ich sicher sein kann, dass ich nichts verpasse“, so Goodwin.

Canon EF 70-200mm f/2.8L IS III USM

Ein moderner Klassiker: Dieses lichtstarke Telezoomobjektiv ist bei Fotografen aller Genres extrem beliebt. Jetzt ist es bei starkem Umgebungslicht noch besser und so optimiert, dass es auch bei den anspruchsvollsten Lichtverhältnissen erstklassige Leistung bietet.

Objektive

Canon EF 40mm f/2.8 STM

Vielseitiges, kompaktes Pancake-Objektiv. Hohe Lichtstärke für eine hervorragende Steuerung der Schärfentiefe und gestochen scharfe Aufnahmen auch bei schwachen Lichtbedingungen. „Es ist wirklich scharf und hat eine schöne Feldtiefe“, betont Goodwin.

Canon EF 24mm f/2.8 IS USM

Leistungsstarkes Objektiv mit Bildstabilisator und Lichtstärke 1:2,8 – ideal für Reise- und Low-Light-Aufnahmen.

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