Makro, Bewegungen und raffinierte Unvollkommenheiten: Fünf Trends in der Food-Fotografie

Der in London lebende Lebensmittelfotograf Sid Ali verrät, wie du ausdrucksstarke und moderne Bilder aufnehmen kannst, die bei den Betrachtern garantiert Lust auf mehr machen.
Drei Gläser eines Cranberrygetränks mit Eis, die appetitlich vor sich hinsprudeln.

In diesem Bild des Food-Fotografen Sid Ali sprudeln drei Cranberrygetränke gemeinsam vor sich hin. Es ist jedoch nur eine Illusion. „Das wäre nicht möglich, wenn nicht mehrere Assistenten gleichzeitig die Getränke einschenken würden“, erklärt Ali. „Um dieses Ergebnis zu erzielen, fotografiere ich jedes Glas mit frischem Sprudel einzeln mit High-Speed-Blitzlicht. Anschliessend kombiniere ich die verschiedenen Aufnahmen in der Nachbearbeitung.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS R mit einem Canon EF 100mm f/2.8L Macro IS USM Objektiv, Verschlusszeit 1/200 Sek., Blende 1:5,6 und ISO 100. © Sid Ali

Aufgetürmte Schokoladensplitter, die wie ein essbarer Wolkenkratzer aussehen. Von oben läuft flüssige Ganache nach unten: einfach lecker. Diese Aufnahme hat etwas Verspieltes (siehe endgültiges Bild), so als hätte sie sich Willy Wonka ausgedacht. Gleichzeitig hat das Bild aber auch etwas Luxuriöses, das Erwachsene anspricht. Tatsächlich ist in diesem Bild des Food-Fotografen Sid Ali nicht alles so, wie es scheint. „Ich habe mehrere Aufnahmen der herrlichen Ganache gemacht, die auf dem Bild auf jeder Seite bis zur perfekten Stellen hinunterläuft. Für jede Aufnahme habe ich die Ganache extra gegossen“, erklärt er. Im Anschluss hat er die Bilder in der Nachbearbeitung zusammengefügt.

Ali hat seine Karriere als professioneller Fotograf vor sechs Jahren begonnen und sich sehr schnell den Ruf erarbeitet, Food-Fotos zu machen, die Charakter haben. Egal ob für Marks & Spencer, Deliveroo oder KFC, seine Bilder haben immer eine besondere Note, die sie von üblichen Fotos unterscheidet. „Jeder Food-Fotograf entdeckt, gestaltet und entwickelt seinen ganz eigenen Ansatz weiter. Wir alle möchten jedoch, dass die Lebensmittel köstlich aussehen“, sagt er. „Mir persönlich geht es darum, mich ständig weiterzuentwickeln und neue und innovative Möglichkeiten zu finden, wie ich Lebensmittel fotografieren kann.“

Hier verrät uns Ali einige der Trends, die er selbst begeistert aufgegriffen hat.

Ein Brathähnchen auf braunem Papier, das auf einem dunkelblauen Tisch liegt. Es ist mit Kräutern und Gewürzen bedeckt und von Orangenhälften und gekochten Knoblauchzehen umgeben.

Ali ist es, der entscheidet, welcher Winkel sich am besten für die Speise oder das Getränk eignet, das er fotografiert. „Wenn ich etwas Flaches, wie eine Pizza, fotografiere, mache ich das Foto möglicherweise von oben, eine Getränkeflasche fotografiere ich hingegen von vorne“, verrät er. Für dieses Bild eines Brathähnchens hat Ali ein Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv verwendet. „Das Objektiv ist extrem vielseitig und ein grossartiges Allround-Objektiv. Ich habe es für Überkopf-Aufnahmen genutzt, bei denen ich im Allgemeinen eine Brennweite von circa 50 mm verwendet habe.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS R mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 57 mm, Verschlusszeit 1/200 Sek., Blende 1:10 und ISO 100. © Sid Ali

1. Trend: Die menschliche Komponente beim Essen darstellen

Essen existiert nicht in einem Vakuum, und das zeigen die Bilder von Ali. In seinen Bildern sieht man häufig die Hand eines Kochs, der Zutaten schneidet, oder einen Hintergrund, der darauf schliessen lässt, dass das Bild in einem Restaurant oder in einer häuslichen Umgebung aufgenommen wurde. Alis Erfahrung nach ist dies der Trend, der seit Beginn seiner Karriere am meisten Anklang gefunden hat. Er spiegelt wider, wie sich unsere Beziehung zu Lebensmitteln verändert. Heutzutage befassen sich mehr Konsumenten aus dem Vereinigten Königreich und der ganzen Welt als je zuvor mit einer frischeren, nachhaltigeren Ernährung. Zu ihrem Ernährungsplan gehören nun auch pflanzliche und unverarbeitete Lebensmittel. Ali gehört seiner Meinung nach auch zu diesen Menschen. „Auf der Universität haben mich einige unglaubliche Stilllebenfotografen unterrichtet. Food-Fotografie schien mir der natürliche nächste Schritt zu sein. Ich konnte meine Liebe für Essen, insbesondere gesundes Essen und gesunde Ernährung, mit meiner Leidenschaft für wunderschön belichtete Bilder kombinieren.“

Er fährt fort: „Ich habe Lebensmittel nicht immer auf diese Weise fotografiert. Jetzt erscheint es mir jedoch ganz natürlich. So erhalten die Bilder Kontext, und die Betrachter können eine Verbindung zu den Bildern entwickeln. Meiner Meinung nach wurde dieser Trend so erfolgreich, weil er die Kluft zwischen der Food-Fotografie und den Betrachtern überbrückt. Diese können sich vorstellen, sie würden die Lebensmittel verzehren. Es ist ein wirkungsvoller Marketingansatz, mit dem Marken nicht nur ihre Zielgruppe erreichen, sondern auch neue Kunden dazu verlocken können, Ihre Lebensmittel zu probieren.“

Allerdings funktioniert dies nicht in jeder Situation. Ali nennt als Beispiel eine Kampagne, die er für Maggi fotografiert hat. Die Bilder zeigten eine Vielzahl an Gewürzen, die auf einer Küchenfläche verteilt waren. „Alle Zutaten mussten erkennbar sein, und meiner Meinung nach wäre die menschliche Komponente hier nur eine Ablenkung gewesen“, erklärt er.

2. Trend: Lebensmittel mithilfe von Bewegung zum Leben erwecken

„Stop-Motion-Aufnahmen und Cinemagramme sind perfekt für soziale Medien geeignet. Das macht deren grossen Reiz aus“, erklärt Ali, der festgestellt hat, dass beide Formate immer öfter von Kunden verlangt werden. Er erstellt Cinemagramme, indem er eine kleine Auswahl eines bewegten Bildes mit einem Standbild kombiniert. So erscheint es dem Betrachter, als würde er sich eine Animation ansehen. Stop-Motion-Aufnahmen macht er hingegen, indem er eine Reihe von Bildern, die manchmal aus mehreren hundert Standbildern besteht, mit seiner Canon EOS 5DS R aufnimmt und Änderungen vornimmt, damit sich die Bilder nur minimal voneinander unterscheiden. Anschliessend reiht er die Bilder aneinander.

„Cinemagramme können etwas einschränkend sein, da deine Aufnahmen nur einige Sekunden lang sein können und möglichst an derselben Stelle anfangen und aufhören sollten – etwa eine Flüssigkeit, die du ausgiesst, oder eine Rauchfahne, die verschwindet –, damit sie nahtlos immer wieder abgespielt werden können. Ausserdem benötigst du dafür eine ständige Lichtquelle. Speziell dann, wenn du deine Aufnahmen mit Blitz machst, kann sich das als schwierig erweisen.“

Ein Techniker mit weissen Handschuhen reinigt den Sensor einer Canon Kamera.

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Stop-Motion ist hingegen ein „unglaublich flexibles“ Format, das sich für jedes Gericht gut eignen kann. „Du kannst die Aufnahmen so einfach oder komplex gestalten, wie du möchtest“, sagt Ali. „Arbeite deine Idee jedoch immer aus, und überlege dir genau, wie du sie darstellen möchtest.“ Durch die Arbeit mit diesen Formaten hat Ali Lust auf Videos bekommen: „Ich würde gerne mit dem Aufnehmen von Videos anfangen. Tatsächlich habe ich das schon seit längerem geplant. Ich habe ein Auge auf die Canon EOS R5 geworfen, da diese unglaublich reaktionsschnell ist und du damit beeindruckende Videos aufnehmen kannst.“

Eine Nahaufnahme einer Pavlova, auf der das Baiser, Nektarinenstücke, Brombeeren und Feigenstücke zu erkennen sind. Das Ganze wurde mit einer Sosse aus roten Beeren überzogen.

Wenn du Nahaufnahmen von Lebensmitteln, wie dieser Pavlova, machst, „möchtest du auf keinen Fall, dass die Kamera wackelt“, so Ali. „Das kann eine Makroaufnahme ruinieren.“ Er empfiehlt, ein Stativ in Studioqualität zu verwenden und sicherzustellen, dass du die Aufnahme mit einem Selbstauslöser oder Funkauslöser machen kannst. Ali schliesst seine Kamera an einen Laptop an. So kann er sich die Bilder auf einem grösseren Bildschirm ansehen. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS R mit einem Canon EF 100mm f/2.8L Macro IS USM Objektiv, Verschlusszeit 1/200 Sek., Blende 1:6,3 und ISO 100. © Sid Ali

3. Trend: Mithilfe von Makro Details sichtbar machen, von denen dir das Wasser im Mund zusammenläuft

Wenn es darum geht, dein Gericht über das Auge zu verkaufen, besteht die Kunst darin, es so gut aussehen zu lassen, dass man es fast schon schmecken kann. Alis Geheimwaffe ist sein Canon EF 100mm f/2.8L Macro IS USM Objektiv. Dieses „habe ich so gut wie immer an meiner Kamera“, sagt er. „Dank der hervorragenden Komprimierung stechen die Lebensmittel aus den Bildern hervor. Somit ist das Objektiv perfekt für 45-Grad- und Frontalaufnahmen.“

Bei der Makro-Food-Fotografie kannst du die kleinsten Details eines Gerichts hervorheben. So kannst du die Geschmacksnerven der Betrachter verwöhnen und ihnen nicht nur vermitteln, wie ein Gericht aussieht, sondern ihnen auch einen Einblick in Geschmack, Textur und Geruch geben. „Bei einer Makroaufnahme liegt der Fokus auf Dingen wie Farbe, Feindetail oder Textur. Dinge, denen man andernfalls nicht genügend Aufmerksamkeit schenken würde. Es geht darum, das Auge des Betrachters auf die Qualität des Produkts aufmerksam zu machen.“

Obst eigne sich hervorragen für den Einstieg, rät Ali. „Halbiere eine Kiwi und schon kommen eine Menge wunderschöner Kerne und Fruchtfleisch zum Vorschein. Ich habe aber auch schon Makroaufnahmen von einem Hähnchenburger gemacht. Ich liebe einfach die Textur des Hähnchens, die durch die lebhafte Farbe des Salates vervollständigt wird.“

Das gesamte Gespräch findest du in dieser Episode des Canon Podcasts „Shutter Stories“:

4. Trend: Auf raffinierte Unvollkommenheiten setzen

Bei der Food-Fotografie geht es längst nicht mehr um unerreichbare, absolute Perfektion. Heutzutage vermitteln Bilder oft den Eindruck, als wären die Lebensmittel gerade frisch zubereitet worden. Die Zutaten stehen noch herum, auf der Arbeitsplatte sind noch Brösel zu finden oder die Schlagsahne wird auf eine warme Nachspeise gegeben. Für immer mehr Konsumenten gehören Lebensmittel zu ihrer Persönlichkeit. Sie sind stolz darauf, dass sie gemeinsam mit Ihrer Familie oder Freunden kochen. So wirken die Bilder authentischer.

„Sie erinnern Menschen daran, wie hausgemachte Gerichte schmecken, riechen und aussehen“, so Ali. „Das macht diese Bilder für uns so anziehend und ist Grund dafür, dass wir sie in unser Leben einbeziehen möchten.“

Mandarinen auf einem Schneidebrett und einem Tablett auf einem dunklen Holztisch angeordnet – eine Mandarine ist geschält und in Stücke geteilt.

Entdecke die Welt der professionellen Food-Fotografie

Food-Fotografin Yasmin Albatoul erklärt den akribischen Prozess hinter ihren einzigartigen Aufnahmen und verrät ein paar Profitricks.

Ali arbeitet normalerweise mit einem Foodstylisten zusammen, der die Zutaten verteilt und das ausgiessen übernimmt, wenn er Fotos macht. Die „Unvollkommenheiten“ in diesen Aufnahmen sind nur eine Täuschung. Diese wurden ganz genau geplant und geschaffen, so wie bei diesem Bild eines Schokoladenturms unten. Stylisten haben ein Händchen für solche Dinge. Ausserdem haben sie eine Reihe nützlicher Tricks in petto, dank derer die Lebensmittel so lecker wie möglich aussehen. „Man muss wissen, wie sich Lebensmittel vor der Kamera verhalten“, erklärt Ali. „Eis schmilzt beispielsweise schon nach kurzer Zeit, weshalb du deine Aufnahme sehr schnell machen musst. Besonders dann, wenn es heiss ist oder du heisse Lichter nutzt. Andere Lebensmittel, wie Fleisch, sind nicht so anspruchsvoll. Indem du etwas Öl darauf pinselst, kannst du dem Fleisch erneut einen frischen und saftigen Look verleihen.“

Ein rosa-, violett- und orangefarbener gekochter Tintenfisch auf schwarzem Hintergrund, der mit Blutorangenstücken und leuchtend grünen Blättern bedeckt ist.

Alis künstlerische Food-Fotos, wie dieser in seine Einzelteile zerlegte Tintenfisch mit Blutorangensalat, sehen zwar verspielt aus, wurden jedoch akribisch vorbereitet. „Für mich ist die Planung sehr wichtig. Sobald ich das gewünschte Foto gemacht habe, lasse ich meiner Kreativität jedoch freien Lauf und versuche, Möglichkeiten zu finden, wie ich das Bild noch besser machen kann“, meint er. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS R mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 38 mm, Verschlusszeit 1/200 Sek., Blende 1:5,6 und ISO 100. © Sid Ali

Ein Stapel zerbrochener Schokoriegel vor schwarzem Hintergrund, von dem flüssige Ganache herunterläuft.

Dieser dekadente Stapel Schokolade besteht aus mehreren Bildern, die in der Nachbearbeitung zusammengefügt wurden, damit die flüssige Ganache an genau der richtigen Stelle ist. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS R mit einem Canon EF 100mm f/2.8L Macro IS USM Objektiv, Verschlusszeit 1/299 Sek., Blende 1:8 und ISO 100. © Sid Ali

5. Tipp: Food-Fotos in ein Kunstwerk verwandeln

Wie viele Food-Fotografen heutzutage versucht auch Ali, die Grenzen seiner visuellen Arbeit zu erweitern. Er schafft fesselnde und originelle Bildkompositionen – ein Bild von Äpfeln, die ins Wasser fallen, oder von bunten, in ihre Einzelteile zerlegten Salaten vor einem gedeckten Hintergrund –, von denen er einige als FineArt-Drucke verkauft. Er macht regelmässig einmalige Testaufnahmen und persönliche Serien, manchmal aufgrund von Lücken in seinem Portfolio. Und immer wenn du auf diese Weise herumexperimentierst, sei laut Ali eine zuverlässige Ausrüstung ein Muss.

„Mit einer hochauflösenden Kamera und High-Speed Blitzlicht bin ich auf beinahe alle Szenarien vorbereitet. Meine tolle Canon EOS 5DS R Kamera macht Aufnahmen mit einer Auflösung von unglaublichen 50 Megapixeln. Mir gefällt es, dass sie die Auflösung einer Mittelformatkamera und gleichzeitig die Flexibilität einer Spiegelreflexkamera bietet. So kann ich die Vorteile beider Kameras geniessen“, sagt er. „Die meisten Kameras haben einen Tiefpassfilter, der zwar den Moiré-Effekt reduziert, gleichzeitig aber dafür sorgt, dass ein gewisses Mass an Schärfe verloren geht. Bei der Canon EOS 5DS R ist das jedoch nicht mehr der Fall. Die Kamera bietet mehr Schärfe und du kannst gleichzeitig Feindetails festhalten.“

Die 45-MP-Systemkamera Canon EOS R5, von der Ali sich überlegt, sie zu kaufen, bietet zudem unglaublich viele kreative Möglichkeiten für Food-Fotografen. Sie verfügt über einen fortschrittlichen Autofokus und eine integrierte Bildstabilisierung, die zusammen mit kompatiblen Objektiven bis zu 8 Stufen Schutz vor Verwacklung bietet.

Ideen können von überall her kommen. Man solle also offen für kreative Einflüsse sein, meint Ali. „Ich suche jeden Tag nach Food-Fotos“, sagt er. „Pinterest und Instagram eignen sich hervorragend zum visuellen Brainstorming. Mich inspirieren aber auch Bücher, Filme, Gemälde und das tägliche Leben.“

Ali ist der Meinung, dass immer mehr Food-Fotografen auf einen künstlerischen Stil setzen, damit ihre Arbeiten bei den Betrachtern noch mehr Emotionen auslösen, was nicht nur von kommerzieller sondern auch von kreativer Bedeutung ist. „So bleibt das Produkt den Kunden in Erinnerung. Ausserdem sorgt man so dafür, dass Food-Fotos auf ganz andere Weise betrachtet werden. Auf eine Weise, die zum Denken anregt.“

Rachel Segal Hamilton

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