Anpassen, entwickeln, verwirklichen: Das Canon Student Development Programme

Was macht das CSDP zu einer unverzichtbaren Chance? Fünf Teilnehmer sprechen über ihre Erfahrung.
Teilnehmer am Canon Student Development Programme sitzen an einem Tisch mit Mitarbeitern in Büros des Stern-Magazins in Hamburg.

Fotojournalismus ist ein äusserst umkämpftes Feld, meint Simon Wohlfahrt, einer von fünf Teilnehmern am Canon Student Development Programme 2022, die aus einer Gruppe von 100 Bewerbern zum Hamburg Portfolio Review eingeladen wurden, wozu auch der Besuch der Büroräume des Stern zählte. „Es war eine enorme Chance, Kritik an meinen Werken von Experten und anderen Studierenden aus der ganzen Welt zu erhalten.“ Von links nach rechts: Katarzyna Ślesińska (CSDP), Katharina Niu (Bildredaktion, Stern), Orsolya Groenewold (Fotoredakteurin, Stern), Simon Wohlfahrt (CSDP), Rahel Zander (Fotoredakteurin, Stern Crime). © Aliona Kardash/Stern

Alle Studierenden mit Schwerpunkt Fotojournalismus kennen das berühmte Zitat von Robert Capa: „Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran.“ Man kann zwar darüber streiten, ob das immer so stimmt, aber es erinnert uns daran, dass Fotografie etwas ist, das meistens persönlich ist. Und zumindest bei den meisten Fotojournalisten geht es vor allem darum, am Ort des Geschehens mittendrin zu sein und festzuhalten, was gerade passiert.

Das Canon Student Development Programme (CSDP) bietet talentierten jungen Fotografen aus aller Welt die Möglichkeit, ihre Karrieren voranzutreiben, indem sie neue Fähigkeiten von einigen der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Welt der Fotografie lernen, sich mit ihnen vernetzen und ihnen ihre Portfolios präsentieren. Und zum ersten Mal seit zwei Jahren war 2022 nicht mehr ein ausschliesslich virtuelles Programm. Es war sogar grösser und besser als je zuvor.

„In diesem Jahr haben wir ein komplett überarbeitetes Programm an Aktivitäten und ein neues Format angeboten. Ausgewählte Studierende durften dann zum Hamburg Portfolio Review und haben 2.000 € in bar und Canon Ausrüstung im Wert von 9.000 € erhalten“, erklärt Canon Europe Pro Marketing Manager Siobhan Gaffan.

Alle 100 Studierenden, die am Programm 2022 teilnahmen, erhielten Online-Mentoring mit Feedback, Ratschlägen und Hilfe bei der Endbearbeitung. 30 von ihnen wurde ein Platz bei einem prestigeträchtigen Workshop in einem katalanischen Bauernhaus in Girona, Spanien, angeboten, das komplett der Canon-Initiative gewidmet war. Vier Tage lang nahmen die Studierenden an einer Reihe von praktischen Sitzungen, Portfolio-Reviews in der Gruppe, Diskussionen und Präsentationen teil, die von professionellen Fotografen und wichtigen Redakteuren abgehalten wurden. Am letzten Tag konnten die Studierenden das „Visa pour l'Image“ besuchen, ein Festival für Fotojournalismus in Perpignan, Frankreich.

Zwei Personen, die sich zueinander lehnen, um auf die Rückseite einer Canon-Kamera zu schauen.

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Die fünf Studierenden, die während Gruppen-Reviews der Portfolios das meiste Potenzial gezeigt hatten, wurden dann für den Hamburg Portfolio Review ausgewählt. Dieser umfasste auch vier individuelle Portfolio-Bewertungen sowie die Chance, an der Eröffnungszeremonie, den Podiumsgesprächen und der Abschlussfeier teilzunehmen, wo sich eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung von Netzwerken bot. Sie besuchten auch die Nachrichtenredaktionen von Der Spiegel, Die Zeit, Geo und Stern.

„Ich dachte eigentlich, dass es nur ein weiterer Workshop wäre. Tatsächlich wurde es aber zu einer Erfahrung, die mein Leben verändern und meine Karriere beschleunigen dürfte“, erzählt Alexandra Corcode, eine in Rumänien geborene Studentin an der Königlichen Akademie der Künste in Den Haag und eine der fünf Teilnehmer, die es bis nach Hamburg geschafft haben.

Ihre Mitfinalisten waren die vietnamesisch-amerikanische Person Chris Trinh, die an der Ateneo de Manila University, Philippinen, Visual Journalism studiert, der ägyptische Fotojournalist Mohamed Mahdy, der die Dänische Schule für Journalismus besucht, Kasia Ślesińska aus Krakau, Fotografiestudentin an der Opava School of Photography, Tschechien, und Simon Wohlfahrt, ein Fotografie-Autodidakt, der die Journalistenschule Toulouse, Frankreich, absolviert hat.

Die Finalisten des Canon Student Development Programme mit Mitarbeitern von Die Zeit und Canon Europe vor dem Helmut Schmidt Haus in Hamburg.

„Wir haben uns bei Der Spiegel, Die Zeit (abgebildet), Geo und Stern mit verschiedenen Bildredakteuren getroffen und mehr darüber erfahren, wie diese Nachrichtenredaktionen tagtäglich arbeiten“, sagt Chris Trinh. „Da ich noch nicht mit deutschen Medien gearbeitet habe, war dies eine tolle Möglichkeit für mich, neue Redakteure kennenzulernen und mehr darüber zu erfahren, welche Art von Bewerbungen für sie interessant sein könnten.“ © Aliona Kardash/Stern

Ein von Mohamed Mahdy aufgenommenes Schwarzweissfoto eines Kinds, das eine Röntgenaufnahme von seiner geschädigten Lunge vor einem verhangenen Fenster hochhält.

„Es ist ein herrliches Gefühl, gewonnen zu haben, aber jeder Aspekt war wie ein Gewinn“, sagt Mohamed Mahdy vom 2022 Canon Student Development Programme. Auf diesem Bild aus Mahdys Projekt „Moon Dust“ zu den Auswirkungen von Fabrikemissionen im Wohngebiet von Wadi el-Qamar (Mondtal) in Ägypten hält die 11-jährige Amal eine Röntgenaufnahme ihrer geschädigten Lunge hoch. © Mohamed Mahdy

Persönliches Mentoring

„Auch wenn du ein toller Fotograf bist, ohne Netzwerk wirst du es in dieser Branche nicht schaffen“, sagt Trinh. Genau aus diesem Grund hat sich Trinh für das CSDP beworben, um Verbindungen aufzubauen. Ślesińska versprach sich von dem Programm Feedback und Fortschritt. „Die Kritik von Experten lohnt sich einfach immer“, sagt sie.

In der ersten Phase des Programms haben die Studierenden Einzelgespräche per Video-Call geführt. Für Trinh waren diese Gespräche mit Canon Botschafter und Pulitzer-Preisträger Muhammed Muheisen äusserst bereichernd. „Ich habe mich von ihm wirklich gesehen und gehört gefühlt, und er hat sich die Zeit genommen, richtig zu verstehen, was ich mit meiner Arbeit erreichen möchte“, erklärt Trinh. „Bevor er mir seine Gedanken mitteilte, hat er immer erst mich nach meiner Meinung gefragt, sodass ich in einem sicheren Rahmen offen sprechen und Fragen stellen konnte.“ Mahdy gefiel hingegen, dass sein Mentor, Thomas Borberg vom Politiken, sein ganzes Archiv durchging.

Ślesińska hatte ihre Werke in der Vergangenheit schon anderen Fotografen gezeigt und von ihrer Mentorin, Fotografieberaterin Laetitia Ganaye von der Agentur Maps, wichtige Tipps erhalten. „Ich habe mit meiner Mentorin die Anzahl der Fotos reduziert und mich darauf konzentriert, nur ein Projekt zu zeigen“, sagt sie. „Ich bin auf zukünftige Portfolio-Reviews besser vorbereitet und habe meine Präsentation viel selbstbewusster halten können.“

Corcode beschreibt ihre Mentorin, Redakteurin Gabrielle Fonseca Johnson, mit ihren vielen praktischen Tipps zu Aufnahme und Bildablauf als „perfekte Ergänzung“. „Sie hat meine Arbeit auf das nächste Level gebracht. „Zusammen haben wir das Projekt auf den Kopf gestellt und professionell aufgezogen.“ Wohlfahrt hat unter anderem an Kurzaufträgen für Agence France-Presse (AFP) gearbeitet. Sein Mentor, Canon Botschafter Marco Longari, hat ihn in den gemeinsamen Sessions bei einer längeren Story Schritt für Schritt angeleitet.

Ein von Simon Wohlfahrt, Teilnehmer am Canon Student Development Programme, aufgenommenes Foto von einer Gestalt, die an einem wolkigen Tag in einem Rüschenkleid in einem Feld steht.

Der Gruppenportfolio-Workshop in Girona war eine gute Möglichkeit, seine Präsentationsfähigkeiten zu verbessern, so Wohlfahrt. „Wir haben unsere Arbeit vorgestellt und unsere Entscheidungen erklärt, beispielsweise die Komposition oder die Bearbeitung der Bilder. Eine Herausforderung, die durch das Feedback von Gleichgesinnten jedoch äusserst bereichernd war. Transgender-Modell Prince Ngarambe posiert auf diesem Bild aus Wohlfahrts beeindruckender Serie „The Prince Of Catwalk“ für die Kamera. © Simon Wohlfahrt

Ein von Kasia Ślesińska, Teilnehmerin am Canon Student Development Programme, aufgenommenes Foto von einem Huhn mit nach hinten ausgestreckten Flügeln, das in einem Wohnraum steht.

Ein Foto aus der Serie „Fantastic Animals And How To Pet Them“ von Kasia Ślesińska über die sich ständig weiterentwickelnde Beziehung zwischen Mensch und Natur. „Die Atmosphäre war in jeder Phase sehr einladend“, erinnert sich Ślesińska. „Die Menschen waren wirklich nett, haben Tipps gegeben und gegenseitig ihre Werke kommentiert. Hamburg war ein äusserst interessantes Erlebnis, und ich konnte meine Arbeiten sogar Redakteuren von Zeitschriften, Agenturen und Organisationen zeigen und mir verschiedene Ansichtsweisen anhören.“ © Kasia Ślesińsk

Inspirierende Workshops vor Ort

Seit der Pandemie sind alle mit Plattformen für Videoanrufe vertraut, und so fiel es den Teilnehmern leicht, online eine Verbindung zu ihren Mentoren aufzubauen. Die virtuelle Herangehensweise hatte laut Trinh ausserdem den Vorteil, dass „wir eine riesige Auswahl an Mentoren auf der ganzen Welt hatten“, ohne Reisebeschränkungen oder Visumsanträge.

Dennoch war es eine wahre Offenbarung, in Girona an den Workshops vor Ort mit anderen Fotografen teilzunehmen. Die Teilnehmer konnten die Masterclass zum Thema Beleuchtung mit Canon Botschafter Paolo Verzone von Agence VU besuchen und erhielten Einblicke von Experten der Branche wie Bonnie Briant, Canon Botschafter Marco Longari (AFP), Fiona Shields (The Guardian), Dimitri Beck (Polka), Thomas Borberg (Politiken) und Lindokuhle Sobekwa (Magnum Photos) sowie Fotografielegende James Nachtwey vom TIME Magazine.

Obwohl für Ślesińska die Portfolio-Reviews in der Gruppe eine Herausforderung darstellten, erkannte sie doch das Potenzial als Übung für ihre zukünftige Karriere. „Solche Situationen bestärken dich natürlich darin, dich selbst und deine Arbeit einem Publikum zu präsentieren“, erklärt sie. Das Visa-Festival mit Vorträgen, Screenings und Rundgängen war auch so ein Aha-Erlebnis“, fügt Corcode hinzu. „Ich war vor allem davon beeindruckt, dass alle Experten der Branche und die grossen Namen direkt vor mir standen, die Möglichkeiten waren quasi unendlich.“

Trinhs grösste Erkenntnis aus der Zeit beim Visa war es, dass man immer „die Betrachter im Hinterkopf haben muss“. „Ich habe gelernt, keine Drucke zu einem Portfolio-Review mit einem Redakteur einer Nachrichtenagentur mitzubringen. Bei der Nachrichtenfotografie kommt es auf Geschwindigkeit, Metadaten und Nachrichten an. Bei einem Portfolio-Review mit einer Nachrichtenagentur möchtest du unter Beweis stellen, dass du schnell agieren und Fotos gestalten kannst und deine Ausrüstung gut kennst. Das heisst, dass du Fotos schnell bearbeiten kannst und deine Adobe Lightroom-Alben sortiert sind. Das lässt sich nur schlecht mit einem Druck vermitteln“, erklärt Trinh. „Jeder Redakteur sieht deine Arbeit anders. Und nur, weil sie jemandem nicht gefällt, bedeutet das nicht gleich, dass sie schlecht ist – sondern, dass es einfach nicht für diese Anforderungen passt.“

Ein von Alexandra Corcode, Teilnehmerin am Canon Student Development Programme, aufgenommenes Foto von einer vermummten, in Nebel eingehüllten Gestalt mit Harke in der Hand.

„Ich habe beim Mentoring gelernt, dass das Projekt an die Situation angepasst werden sollte, in der es vorgestellt wird“, sagt Alexandra Corcode. „Du kannst es einem Redakteur oder Kurator nicht so wie einem Dozenten oder Mitstudierenden präsentieren.“ Corcodes Arbeit hat sich bisher mit Themen wie Immigration, Einsamkeit, Tod und verlorene Traditionen beschäftigt, ebenso mit physikalischem Verfall und den Spuren von menschlicher Abwesenheit. Auf diesem Bild aus ihrem Projekt „I Was Made To Die But I'm Here To Stay With You“ harkt Susana, eine neunzigjährige rumänische Witwe und Überlebende eines Überfalls, mühevoll ihren Garten. © Alexandra Corcode

Ein von Chris Trinh, teilnehmende Person am Canon Student Development Programme, aufgenommenes Foto von einer Person, die in einem Einhornkostüm mit einem Megafon über der Schulter an einem Stahlzaun hängt.

Ein Foto aus Trinhs Serie „Black Snake Killers“, die den von den Anishinaabe geführten Kampf gegen die Teersandöl-Pipeline „Line 3“ dokumentiert. Trinh hofft, dass sich durch das Programm neue Chancen ergeben. „Ich bin schon eine Weile selbstständig und hoffe, dass sich durch die Bekanntschaft mit neuen Redakteuren und dadurch, dass ich meine Arbeit an neuen Orten präsentieren konnte, neue Türen öffnen werden.“ © Chris Trinh

Hamburg: Reviews und Ausblick in die Zukunft

Es unter die fünf Teilnehmer am Hamburg Portfolio Review zu schaffen, war schon eine tolle Leistung, aber das Erlebnis selbst brachte noch mehr Vorteile. „Es war einfach fantastisch, meine Arbeit als Teil der Premiere zu sehen“, sagt Trinh. „Das war nicht nur für mich als Fotograf eine Ehre, sondern auch für alle, die mir vertraut haben und deren Story ich dokumentieren durfte. Fotos von Verteidigern von indigenem Land bei einem europäischen Foto-Event zu sehen, ist etwas, das ich mir in Zukunft öfter wünschen würde.“

Und auch Corcode war ähnlich begeistert darüber, dass ihre Arbeit ausgestellt wurde, und erwähnt die engen Freundschaften, die sich innerhalb der Gruppe entwickelt haben. „Es fühlt sich wie eine Familie an“, sagt sie.

Zurück im Studium bereiten sich die Studierenden jetzt auf ihr Leben nach dem CSDP vor. Mahdy plant eine anstehende Ausstellung seiner Fotodokumentation mit Schwerpunkt auf sozialer Gerechtigkeit in Kairo. Trinh nutzt die finanzielle Unterstützung und Sachleistungen aus dem Programm für die Arbeit an einem neuen Projekt in Vietnam. „Ich hätte mir die Canon EOS R5 niemals leisten können“, sagt er. „Als lebenslanger Canon Benutzer hatte ich schon seit langer Zeit damit geliebäugelt! Das Ausrüstungs-Sponsoring und die Förderung von Canon sind eine unglaubliche Chance für mich.“

Eine Frau liegt mit über den Kopf gestreckten Armen auf einem Sofa, die Gesichtsmaske unter dem Kinn. In der Ecke des grauen Raums steht ein Hibiskusbäumchen mit leuchtend orangefarbenen Blüten.

Michele Spatari: vom Fotografiestudenten zum Profi

Nachrichtenfotograf Michele Spatari spricht über das Canon Student Development Programme und dessen Bedeutung für seine Karriere.

Die Teilnehmer empfehlen anderen Studierenden auf jeden Fall die Bewerbung für 2023. „Bewirb dich mit einem Projekt, an das du glaubst“, rät Trinh. „Deine Arbeit ist ein Teil von dir. Wenn andere sie sehen, sollten sie eine Vorstellung davon bekommen, wer du als Fotograf bist. Versuch nicht, jemand zu sein, der du nicht bist, oder einen Style zu kopieren, von dem du denkst, dass du es mit ihm „schaffen“ könntest. Das wird gleich durchschaut.“

Corcode ermutigt potenzielle Bewerber dazu, sich auf den Prozess zu konzentrieren. „Bei diesem Erlebnis gilt: Der Weg ist das Ziel“, sagt sie. „Dann geschieht das Wunder!“

Branchenexperten teilen auf Shutter Stories unbequeme Wahrheiten für Fotografiestudenten:

Rachel Segal Hamilton

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