Die neueste Bilderreihe von Canon Botschafterin Guia Besana, „Strangely Familiar“ (Seltsam vertraut), bedient sich stilisierter Fiktion, um die sehr reale Diskriminierung von Frauen zu betrachten, die – sowohl in vergangenen Jahrhunderten als auch in der Gegenwart – als „anders“ eingestuft werden. Die Inspiration für das im Oktober 2020 aufgenommene Bild eines Models mit einer Silikonmaske mit Bart war die herzzerreissende wahre Geschichte von Julia Pastrana, Darstellerin aus einer Monstrositätenschau des 19. Jahrhunderts. Aufgenommen mit einer Canon EOS R5 mit einem Canon RF 50mm F1.2L USM Objektiv, Verschlusszeit 1/640 Sek., Blende 1:1,2 und ISO 160. © Guia Besana
Während sie eines Morgens mit ihrer Tochter beim Frühstück sass, trank Guia Besana einen kleinen Schluck aus ihrer Tasse. Heisser Kaffee ergoss sich über sie. „Irgendwas ist komisch an dir, Mama, irgendwas ist mit deinem Mund“, bemerkte ihre 10-jährige Tochter. Und tatsächlich: Als sie in den Badezimmerspiegel schaute, klaffte ein Auge auf, und ihr Mundwinkel war auf der selben Seite erschlafft. Aus Angst, sie habe einen Schlaganfall erlitten, sprang Besana in ein Taxi und fuhr ins Krankenhaus, wo ihr die Ärzte erklärten, dass es sich um eine Bellsche Parese handelte, eine temporäre Lähmung der Gesichtsmuskeln.
Im Laufe der nächsten drei Monate, während denen ihr Zustand am akutesten war, erschien ihr die Welt in einem neuen Licht. „Ich konnte nur mit einem Strohhalm Nahrung zu mir nehmen und musste mir das Auge zukleben, um zu schlafen“, erzählt Besana. „Es war ein Albtraum.“ Sie nahm die Blicke anderer Menschen wahr, die sie plötzlich auf sich zog – voyeuristische von Fremden und besorgte von ihrer Familie. „Ich war nicht mehr privilegiert – dadurch lernte ich zu verstehen, was es bedeutet, privilegiert zu sein“, erinnert sie sich zweieinhalb Jahre später, nachdem sie fast vollständig genesen ist. „Dieser Wahrnehmungswandel interessierte mich.“
Die in Barcelona wohnhafte Fotografin begann Nachforschungen über Monstrositätenschauen des 19. Jahrhunderts anzustellen und stiess dabei auf Julia Pastrana, eine mexikanische Frau, die mit einer genetischen Krankheit geboren wurde und daher von Kopf bis Fuss mit Haaren bedeckt war. Pastrana, die ausgebeutet und der Lächerlichkeit preisgegeben wurde, trat in einer Schau mit dem Titel „The Ugliest Woman in the World“ (Die hässlichste Frau der Welt) auf. Hier erklärt Besana, wie ihr jüngstes Projekt „Strangely Familiar“ (Seltsam vertraut) sowohl durch Pastranas Geschichte als auch ihre eigenen Erfahrungen inspiriert wurde und wie es sich in einen breiteren Ansatz einfügt, mittels Fiktion die Realitäten von Frauen in der heutigen Zeit widerzuspiegeln.