„Die griechische Wurzel des Wortes ,Fotografieʻ bedeutet ,mit Licht zeichnenʻ“, berichtet Ian Hippolyte. Das ist sehr treffend, denn die Lichtgestaltung ist ein wesentliches Element beim fotografischen Arbeiten. Hippolytes beeindruckende Modeaufnahmen sind meist dramatische Hochglanzaufnahmen von künstlerischer Ästhetik, für die ihm 73.000 Abonnenten auf YouTube und 21.000 Personen auf Instagram folgen, um seine eindrucksvollen Endergebnisse nachzubilden oder zu betrachten.
Die YouTube-Tutorials von Hippolyte decken die gesamte handwerkliche Bandbreite ab. Das grösste Interesse bekam jedoch sein neues Tutorial zur Beleuchtung „How To Use Light, Four Different Ways“ („Vier Arten des Lichteinsatzes“) – es wurde bereits mehr als 400.000 Mal angesehen. Die Beleuchtung kann das Bildergebnis komplett verändern, je nachdem, ob es von hinten oder von vorn kommt oder hart oder weich ist. Die technischen Anforderungen schüchtern jedoch viele Fotografen ein – selbst erfahrene Profis sind davon nicht frei.
Hippolyte, der vom britischen London aus arbeitet, rät jedoch, sich nicht abschrecken zu lassen. „Es ist sehr wichtig zu wissen, wie man natürliches und künstliches Licht einsetzt und damit arbeitet“, erläutert er. „Viele beginnen mit natürlichem Licht, weil das unkompliziert ist. Beim Wechsel zu künstlichen Lichtquellen wird dann schnell klar, dass dasselbe wie für natürliches Licht gilt. Die Sonne wird einfach durch einen Blitz oder eine Lampe ersetzt.“
Hippolyte fotografiert bereits seit Langem mit Ausrüstung von Canon. Bisher hat er mit der Canon EOS 5D Mark IV in Kombination mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L USM Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM) gearbeitet. Vor Kurzem hat er jedoch zum ersten Mal die Canon EOS R5 mit dem Canon RF 28-70mm F2L USM und Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM Objektiv getestet.
Hippolyte gibt hier seine besten Tipps und Techniken für brillante Modeaufnahmen weiter und berichtet, wie er sein Können mit dem Wechsel zu einer Systemkamera noch erweitern konnte.
Beleuchtungstechniken für Modeaufnahmen
1. Gesichtszüge herausarbeiten
Hippolyte ist ein Verfechter des Experimentierens, ganz besonders zu Beginn einer fotografischen Karriere. Er hat jedoch seine bevorzugte Beleuchtung: „Ich fotografiere gern mit hartem und eher direktem Glanzlicht von oben. Ich finde die Wirkung kinoähnlich.“
Um diesen Effekt zu erreichen, platziert er das Licht direkt über und zugleich vor dem Gesicht des Models. „Wenn sich die Lichtquelle direkt über dem Kopf befindet, erzeugt das eine Menge unvorteilhafter Schatten, aber etwas vor dem Kopf platziert, erreicht man genau diesen vorteilhaften Kino-Look, der die Knochenstruktur des Gesichts herausarbeitet.“
Unerwünschte Schatten werden mit Aufhell-Licht ausgeleuchtet. Catchlights auf den Augen runden das Setup ab. „Ich finde Catchlights sehr wichtig“, berichtet Hippolyte, „denn Augen mit Lichtreflexen sehen lebendiger aus.“
Besitzt du eine Canon Ausrüstung?
Diese Beleuchtung ist jedoch nicht für alle Personen geeignet: „Man muss wissen, wie ein Gesicht bei dieser Beleuchtung wirkt“, erläutert Hippolyte. „Bei älteren Gesichtern ist weicheres Licht mit Aufhell-Licht davor vermutlich besser geeignet, denn Low-Key-Beleuchtung erzeugt unvorteilhafte Schatten.“
2. Mit den Einstellungen experimentieren
„Im Studio mache ich zunächst oft Blitz- und Stroboskopaufnahmen“, berichtet Hippolyte. „Meine Verschlusszeit liegt bei 1/200 Sek., weil das die Blitzsynchronzeit ist. Ich beginne meist bei Blende 8, weil mehr oder weniger alles scharf sein soll. Ausserdem versuche ich, bei einer niedrigen ISO zu bleiben. Beim Aufnehmen setze ich die Verschlusszeit aber unter Umständen herunter, damit ich mit der Belichtung experimentieren und ein wenig Unschärfe ins Bild bringen kann. Ich experimentiere auch mit der Blende und einem leicht unscharfen Element im Vordergrund.
„Mit der EOS R5 habe ich eine Reihe von Lichtmalerei-Aufnahmen gemacht. Dazu habe ich Blitz und Dauerlicht bei längeren Verschlusszeiten gemischt, um einen unscharfen Schatteneffekt zu erzielen.“
Hippolyte hat die EOS R5 mit einem Canon RF 28-70mm F2L USM und Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM Objektiv kombiniert und schätzt ihre Qualität gegenüber älteren Objektiven als „deutlich höher“ ein. „Ausrüstung ist nicht alles, aber je besser die technische Ausstattung, desto leichter die Arbeit“, meint er.
3. Mit Materialien und Modifikatoren improvisieren
Hippolyte bevorzugt wegen ihres „stimmungsvollen“ Effekts Low-Key-Beleuchtung. „Für diese Aufnahmen haben wir härtere Lichtquellen mit Wabenvorsatz verwendet, um einen Spotlight-Effekt zu erzielen“, erläutert er. „In einer der Aufnahmen [unten] liegt das Auge des Models in einem Lichtstreifen, während der Rest eher dunkel gehalten ist. Wir wollten das Make-up betonen. Das haben wir mit der Beleuchtung erreicht.“
Inzwischen verwendet Hippolyte einen Modifikator, der das Aussehen des Lichts verändert, aber in der Vergangenheit hat er verschiedene Materialien eingesetzt, um die gewünschte Ästhetik zu erreichen – von Kunststofffolie mit Wassertropfen, um ein Fenster nachzubilden, bis zu zwei grossen Pappen, um den erwähnten „Lichtstreifeneffekt“ zu erzielen.
Ein einfaches Setup ist Hippolyte zufolge oft genauso gut wie ein aufwendiges. „In den sozialen Netzwerken ist ein bestimmter Look am beliebtesten: Je dramatischer Styling und Beleuchtung, desto grösser die Resonanz“, berichtet er. „Aber manchmal gefallen mir meine einfachsten Aufnahmen am meisten. Ich nehme deshalb nicht immer das auf, was in den sozialen Netzwerken am besten ankommt.“
Umgebungsporträts mit Blitz aufnehmen
4. Bewegungen einfangen und keinen Moment verpassen
Bewegung ist bei Hippolyte einer der Wege, um seinen Aufnahmen ein „Feeling“ zu verleihen. Seine Lieblingsaufnahmen entstehen jedoch häufig ungeplant. „Es sind die Zwischenmomente, die man festhält, in denen alles stimmig ist“, berichtet er. „Ich fotografiere eher schnell, mit Blitz und einer kurzen Verschlusszeit, und mache Reihenaufnahmen, um meine Optionen zu erweitern.“
Um ganz sicher die gewünschte Aufnahme zu erreichen, arbeitet Hippolyte grundsätzlich mit Autofokus – auch im Studio, wo mehr Zeit ist. „Es geht darum, die Bewegung einer laufenden, springenden oder einen Ball schiessenden Person einzufangen. Ich möchte dabei sichergehen können, dass die Aufnahme zuverlässig scharf ist – und das ist beim Autofokus von Canon meiner Erfahrung nach immer der Fall. Bei der Canon EOS R5 funktioniert das sogar noch besser, weil Gesicht und Augen verfolgt werden.
„Ich arbeite gern mit einem Zoomobjektiv, da das schnelle Anpassungen erlaubt“, berichtet er weiter. „Beim Canon RF 28-70mm F2L USM kann ich bis auf Blende 2 heruntergehen. Das ist sehr praktisch. Es ist etwas lichtstärker als das f/2.8, und der Unterschied ist mir sofort aufgefallen.“
Bei seiner Arbeitsweise sammeln sich sehr viele Aufnahmen an, die Hippolyte für die Bearbeitung sichten muss – „das können schon mal 1.500 Bilder sein, aus denen ich am Ende acht auswähle.“ Das ist jedoch besser, „als die eine Aufnahme nicht gemacht zu haben, bei der alles stimmig ist“, wie er betont.
5. Die eigene Identität bei der Nachbearbeitung finden
Für Hippolyte werden Aufnahmen erst durch die Nachbearbeitung stimmig. „Hier kann man dem Bild den eigentlichen Ausdruck verleihen“, erläutert er. „Der eigene Stil kristallisiert sich mit der Nachbearbeitung heraus.“
Die Canon EOS R5 hat 45 MP – „das sind 15 MP mehr als bei meiner Canon EOS 5D Mark IV“, so Hippolyte. „Für meine Beauty-Aufnahmen machen diese zusätzlichen Informationen bei der Nachbearbeitung einen grossen Unterschied aus. Bei Büstenporträts kann ich das Bild dank der vielen Details auf das Gesicht zuschneiden, ohne dass die Qualität dadurch geschmälert wird.“
Hippolyte verwendet für seine Beauty-Arbeiten üblicherweise ein Makroobjektiv, da er damit sehr nah an das Motiv herangehen und die Details aufnehmen kann, auf die es ihm bei der Nachbearbeitung ankommt. „Das Canon RF 100mm F2.8L Macro IS USM macht wirklich scharfe Aufnahmen und ist leicht und bedienfreundlich“, berichtet er. Damit kann er sehr nah an das Motiv herangehen, und trotzdem ist genug Platz, um flexibel arbeiten zu können.
„Ich weiss vorher nie genau, wofür ich eine Aufnahme verwenden werde“, berichtet er. „Ich möchte auf Instagram oder anderswo nicht vor dem Problem stehen, dass ich ein Bild nicht auf die gewünschte Komposition zuschneiden kann.“
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