Abtauchen in den Ozean: Aufnahmen einer Unterwasserwelt

Der deutsche Filmemacher und Kameramann Nicolai Deutsch erklärt, wie er mit seinem Expertenwissen in den Bereichen Tauchen und Unterwasserfilm aussergewöhnliche Aufnahmen von Unterwasserwelten macht.
Ein Taucher schwimmt in ein Schiffswrack tief unter Wasser. Eine Lampe an seinem Handgelenk bringt Licht in die Aufnahme.

Ob er nun Schiffswracks, Taucher, Tintenfische oder Haie filmt, Unterwasser-Filmemacher Nicolai Deutsch macht dank seines Fachwissens rund um Tauchen und Kameras immer fantastische Aufnahmen von Unterwasserwelten. In einem seiner Projekte drehte er einen Werbespot für die schwedische Marke Poseidon Diving Systems. „Insgesamt sind wir zu drei Schiffswracks abgetaucht“, berichtet Deutsch über den Filmdreh, von dem die hier abgebildete Aufnahme stammt. „Eines dieser Wracks war das P31 bei der Insel Comino, zwischen Malta und Gozo. Jeder aus der Tauchbranche würde dieses Wrack wiedererkennen.“

Kameramann und Canon Ambassador Nicolai Deutsch scheut sich nicht vor den Tiefen des Ozeans, wenn atemberaubende Aufnahmen gefragt sind. Er hat bereits für grosse internationale Unternehmen Inhalte unter Wasser gefilmt, unter anderem für Uhrenmanufakturen, Tauchanzughersteller sowie für die Netflix-Doku Seaspiracy aus dem Jahr 2021.

Deutsch geniesst die Abwechslung in seiner Arbeit, einschliesslich der logistischen und praktischen Aspekte. „Ich mag technische Herausforderungen“, erzählt er. „Ich bin allgemein eine eher technikaffine Person. Kameraausrüstung begeistert mich.“

Als Deutsch den Werbespot für die Technologie der Rebreather des schwedischen Unternehmens Poseidon Diving Systems drehte, waren nicht nur seine Leidenschaft fürs Tauchen und für seinen Beruf gefragt, sondern auch ein kreativer Ansatz und geschickte Filmtechniken. Mit einem Rebreather können fortgeschrittene Taucher sehr lange unter Wasser bleiben, da das Gas, das sie normalerweise als Luftblasen in das Wasser ausatmen, neu verwendet wird. So können sie stundenlang tauchen.

„Sie wollten, dass der Werbespot zeigt, dass das Rebreather-Tauchen auch eine Freizeitbeschäftigung sein kann. Denn alle, die damit anfangen wollen, denken immer, es sei zu technisch“, erklärt Deutsch. „Doch ihr Gerät ist sehr einfach zu bedienen und modern, also kommt man schneller rein. Es ist ein bisschen wie ein neues Auto mit einem Fahrerassistenzsystem, das von alleine einparken kann. Das sollte ich also hervorheben.“

Ein Techniker mit weissen Handschuhen reinigt den Sensor einer Canon Kamera.

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Zwei Personen in Tauchanzügen stehen in flachem Wasser. Sie sind von Felsvorsprüngen umrahmt.

Deutsch drehte den Werbespot für Poseidon Diving Systems gemeinsam mit seiner Partnerin Sarah [links abgebildet]. Wie sie bereits im Film sagte: „Der Ozean steckt voller Geheimnisse. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken.“

Ein Auftrag mit vielen Freiheiten wird zu einem Filmdreh in Kinoqualität

Da der Auftrag ihm viel Freiheit in der Umsetzung bot, konnte Deutsch bei diesem Filmdreh im Mittelmeer seine eigene Vision zum Leben erwecken. Allerdings war jede Menge Kreativität gefordert, denn die Küsten der Insel Gozo haben keine sehr vielfältige Tierwelt vorzuweisen. Der deutsche Filmemacher entschied sich für einen kinoartigen Look, der Taucher mit jedem Bild inspirieren soll. Seine Unterwasserkulisse besteht aus bekannten Schiffswracks wie dem 52 Meter langen P31, das in den 1960ern als Patrouillenboot gebaut wurde.

Unter Wasser filmte Deutsch mit seiner Canon EOS C200, an Land kam jedoch die Canon EOS C70 zum Einsatz. Eine Drohne nahm zusätzliches Filmmaterial auf. Deutsch verwendete die EOS C70 unter anderem deshalb nicht unter Wasser, weil die Kamera damals keine Aufnahmen im RAW-Format liefern konnte. Inzwischen ist dies dank einer Aktualisierung der Firmware möglich.

„Als wir uns für Gozo entschieden, war uns bewusst, dass dort nur wenige Meerestiere anzutreffen sind. Deshalb konzentrierte ich mich darauf, dass wir sehr starke Bilder aufnehmen, dass wir die epische Stimmung richtig vermitteln und dass wir keine Luftblasen im Bild haben“, erzählt Deutsch. „Ich wollte, dass man bei jeder beliebigen Stelle, an der man das Video anhält, denkt: ‚Das ist ein grossartiges Bild!‘ Und so gehe ich nicht nur an dieses Projekt heran, sondern auch an viele andere. Ich will, dass es aufregend und episch aussieht.“

Der Kopf und die Schultern eines Tauchers ragen aus dem Wasser. Im Hintergrund erstrecken sich Felsen entlang der Küste.

Sarah wollte schon seit längerer Zeit das Tauchen mit einem Rebreather ausprobieren. Bei diesem Filmdreh hatte sie endlich die Möglichkeit, mit Deutsch zusammen diese Erfahrung zu machen. „Das Tauchen mit einem Rebreather eignet sich hervorragend für Filmdrehs. Man kann sehr lange unter Wasser bleiben und es entstehen keine Luftblasen“, sagt Deutsch.

Sarah, die Partnerin von Deutsch, arbeitet als Tauchlehrerin und Unterwassermodel, und ist auch im Werbespot zu sehen. Das Tauchen mit einem Rebreather wollte sie schon immer ausprobieren, doch da es als riskant gilt, hatte sie sich bislang nicht herangetraut.

„Es gibt eine Annahme, dass nur starke Männer einen Rebreather nutzen können, oder dass sie nur beim technischen Tauchen zum Einsatz kommen“, setzt Deutsch fort. „Die Idee hinter dem Werbespot war, dass Sarah nicht extrem tief abtauchen muss, um die Vorteile eines Rebreathers zu nutzen. Jeder kann es tun. Für uns war es eine vollkommen neue Art des Tauchens, auch wenn wir beide erfahrene Taucher sind. Das forderte uns beim Dreh zusätzlich heraus.“

Ein Taucher nähert sich einem Schiffswrack von oben, um ihn schwimmen kleine Fische im klaren blauen Meer.

„Bei diesem Dreh verwendete ich immer einen benutzerdefinierten Weissabgleich. Das ist sehr wichtig. Im Wasser nehme ich regelmässig einen benutzerdefinierten Weissabgleich vor, genauer gesagt alle paar Meter. Man muss jeden Tag bei jedem Tauchgang seinen Weissabgleich einstellen. Dafür nutze ich entweder die Graukarte oder die Tauchflasche von meinem Begleiter“, erzählt Deutsch.

Herausforderungen bei der Bildkomposition unter Wasser

Für einen kinoartigen Look unter Wasser verwendete Deutsch für diesen Werbespot die kompakte Canon EOS C200, die für Flexibilität bei der Postproduktion gestochen scharfe 4K 50p Bilder in Cinema RAW Light aufnimmt. Der Filmemacher betont, dass die Bildkomposition für solche Aufnahmen absolut entscheidend ist.

„Ein kinoreifes Bild unter Wasser zu erzeugen ist schwieriger als an Land, da unter Wasser die Brennweite eingeschränkt ist“, erklärt er. „An Land kann man einfach einen kinoartigen Look nachahmen, indem man mithilfe eines Teleobjektivs und einer grossen Blendenöffnung für eine geringe Schärfentiefe sorgt. Doch unter Wasser nutzt man eher Weitwinkelobjektive, da dort die Sichtbarkeit eingeschränkt ist, das Licht verschluckt wird und man zudem relativ nah an seine Motive kommen muss. Deshalb ist die Bildkomposition so wichtig.“

Dass Deutsch bei der Perspektive seiner Szenen unter Wasser freie Wahl hat, beflügelt seine Kreativität. „Wenn man unter Wasser arbeitet, hat man den Vorteil, dass man sich dreidimensional und frei von der Schwerkraft bewegen kann. Man schwebt im Wasser herum und kann so seine Bildkomposition finden. Die Bildkomposition und die Beleuchtung sind entscheidend für ein kinoreifes Bild“, fügt er hinzu.

Ein Taucher streckt den Arm seinem eigenen Spiegelbild entgegen, welches von Korallen und Pflanzen umrahmt ist.

„Aufgrund des hohen Farbverlustes ändert sich das Licht unter Wasser alle paar Meter vollkommen. Nach den ersten Metern verschwindet das Rot, dann das Orange und Gelb, und am Ende bleiben nur Grün und Blau übrig. Es gibt aber je nach Tiefe grosse Unterschiede. Zum Beispiel ist der Weissabgleich bei fünf Metern ganz anders als bei 15 Metern unter Wasser. Das ist also ganz wichtig. Die Wassertemperatur spielt ausserdem auch eine Rolle. All diese Faktoren beeinflussen die Farbe des Wassers“, erklärt Deutsch.

Die Beleuchtung effektiv planen

Bei diesem Dreh war Wracktauchen angesagt, sowie ein Nachttauchgang mit kleinen Fischen, die das Licht von den Lampen, die Deutsch eingerichtet hatte, reflektieren sollten. Diese Szenarien erforderten intelligente Lichtplanung. „Sarah trug bei fast jedem Dreh ein warmes Umgebungslicht an ihrem Handgelenk, weil das einfach zum Ambiente beiträgt. Ohne dieses Licht würde das Bild komplett anders aussehen“, erklärt Deutsch.

„In der Einstellung, wo sie die Treppen des Wracks hinuntergeht, habe ich unten an der Treppe eine weitere Lampe positioniert, die alles so viel spannender macht. Zusätzlich zu alldem habe ich vorne an meiner Kamera auch noch Leuchten, die das Schiffswrack mit ein wenig Farbe versorgen, denn sonst wäre alles in ein ausgewaschenes Grün oder Blau getaucht.

A woman dressed all in black stares to her left. Blurred in the background is the sea and a large, rocky outcrop.

„Solche Drehs erfordern viel Planung. Bevor wir mit diesem begonnen, sprachen wir an Land genau ab, wie ich mir diese Aufnahme vorstellte. Ich war zu dieser Stelle bereits zwei-, dreimal abgetaucht, also wusste ich schon, wo das Licht sein sollte. Die Stelle liegt 40 Meter unter Wasser, also mussten wir uns beeilen, um nicht zu viel Zeit für die Aufnahmen zu vergeuden.“

In diesem Projekt arbeitete Deutsch mit einer Einstellung von ISO 800 (ausser bei den Aufnahmen des Schiffswracks, wo er bis zu ISO 6400 wählte). Er verwendete für alle Aufnahmen Canon Log 2. „Wenn man unter Wasser filmt, möchte man das Licht einfangen. Deshalb sollte man die Kamera nicht nach unten richten“, empfiehlt er. „Bleib lieber nah an der Oberfläche, wenn dir unter Wasser keine Lampen zur Verfügung stehen. Bei fünf bis 10 Metern unter der Wasseroberfläche sind die Farben immer noch ausgezeichnet.“

Zwei Personen mit Tauchausrüstung laufen über den Sand. Im Hintergrund sind Dünen und ein sandfarbenes Bauwerk zu sehen.

Vor dem Tauchgang erzählten Deutsch und sein Team etwas über die Aufnahmen und das Equipment. Teilweise wog seine Kameraausrüstung bis zu 20 Kilo. Dementsprechend musste er genauestens überlegen, wie er sein Equipment ideal einsetzen konnte. „RAW ist für Unterwasseraufnahmen super wichtig, denn den Weissabgleich kann man bei der Postproduktion nur dann gut anpassen, wenn die Aufnahme über eine hohe Bitrate verfügt und im RAW-Format vorliegt. Jetzt, wo die Canon EOS C70 auch RAW-Aufnahmen liefern kann, ziehe ich es wirklich in Erwägung, sie als meine Haupt-Unterwasserkamera einzusetzen“, erzählt er.

Unkonventionelle Kombination von Objektiven führt zu überraschenden Ergebnissen

Neben dem Canon EOS C200 nutzt Deutsch auch die Canon EOS R5 und verwendet EF-Objektive mit dem Canon Mount Adapter EF-EOS R. Für Unterwasseraufnahmen hat er eine unkonventionelle Methode mit überraschend wirksamen Ergebnissen gefunden.

„Für diesen Film kam ein Canon EF-S 18-55mm f/3.5-5.6 IS STM in Kombination mit einem Unterwasser-Weitwinkelobjektiv zum Einsatz, das man am Gehäuse anbringt“, erzählt er. „Ich wählte das 18-55 mm-Objektiv, das bei Standardwerten gestochen scharfe Aufnahmen ermöglicht, um durch die Rückseite des Konverters zu filmen.“

„Hätte ich beispielsweise ein professionelleres Weitwinkelobjektiv von Canon mit einem Dome-Port verwendet, dann hätte sich das nicht für die Wellenlänge des Wassers geeignet. Dafür sind solche Objektive nicht gedacht“, erklärt er. „Die Ecken sind nicht so scharf, man muss die Blendenöffnung verkleinern und es entsteht oft eine Vignettierung. Meine Arbeitsweise [mit der Kombination der zwei Objektive] ist relativ neuartig, es gibt sie erst seit vier oder fünf Jahren.“

Deutsch besass bereits mit 12 eine Unterwasserkamera, sodass er im Ozean bereits gut bewandert ist. Diese Arbeitsumgebung stellt ihn vor viele Herausforderungen, doch er kehrt immer wieder zurück.

„Wir hatten bei diesem Dreh mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Unsere Taschen waren mit Lampen vollgestopft, und ich hatte teilweise sogar zwei Kameras dabei, denn die Canon EOS R5 hatte ich für Standbilder noch um meine Schulter geschlagen. Eine zusätzliche Tauchflasche hatte ich als Reserve auch dabei“, berichtet er. „Das bringt mir alles Freude und ich weiss, dass es nur wenige mit meinen Fertigkeiten gibt. Es ist ein fantastisches Gefühl, dass ich es geschafft habe, diesen herausfordernden Dreh in so kurzer Zeit abzuwickeln.“

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Lorna Dockerill

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